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Unabhängigkeit

Aus der Februar 1919-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Der Begriff der Unabhängigkeit ist gewiß allen Menschen teuer, ja so teuer, daß sie mit Entschiedenheit alles beanspruchen, was dieser Begriff in sich schließt, oft aber ohne daran zu denken, daß sie ihr Recht auf den Besitz der Unabhängigkeit beweisen müssen. Webster definiert Unabhängigkeit unter anderem als „das Freisein von der Abhängigkeit von anderen oder von der Kontrolle anderer.“ In der amerikanischen Unabhängigkeitserklärung, die im Jahre 1776 angenommen wurde, finden wir den Grundsatz, daß alle Menschen „von ihrem Schöpfer mit gewissen unveräußerlichen Rechten ausgestattet“ sind, daß zu diesen Rechten „Leben, Freiheit und das Trachten nach Glück“ gehören. Gewiß sind diese Worte der ernsten Erwägung wert. Der Christliche Wissenschafter nun sucht die Erklärung jedes Umstandes unwillkürlich in seinem Lehrbuch, ehe er voran geht. Auf Seite 200 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ sagt Mrs. Eddy: „Leben ist, war und wird stets von der Materie unabhängig sein; denn Leben ist Gott, und der Mensch ist die Idee Gottes, er ist nicht materiell, sondern geistig gestaltet und nicht dem Verfall und dem Staube unterworfen.“

Man nimmt oft oberflächlich an, ein reicher Mensch sei unabhängiger als sein ärmerer Mitbruder. Betrachtet man aber die Sache etwas näher, so sieht man sofort, wie töricht diese Ansicht ist. Gesetzt den Fall, zwei Menschen, der eine reich, der andere arm, werden auf eine öde Insel oder an einen anderen Ort verschlagen, wo die Vorteile der Zivilisation fehlen: welcher von diesen beiden wird wohl seine Unabhängigkeit am ehesten beweisen, vorausgesetzt, der Unbemittelte hat gelernt, Kopf und Hände zu gebrauchen, und der andere nicht? Es wird hier der Fall nur vom materiellen Gesichtspunkt aus betrachtet; aber selbst dann läßt sich nicht leugnen, daß allein der wahrhaft unabhängig ist, der Schwierigkeiten aller Art überwunden hat und dadurch beispielsweise ein hervorragender Ingenieur geworden ist und in jeder Richtung mechanische Fertigkeit bekundet. Selbstverständlich braucht er neben der technischen Kenntnis einen harmonisch gearteten Charakter. Er kann dann nicht nur seine eigenen Gelegenheiten benutzen, sondern wird auch anderen dazu verhelfen, ihre Gelegenheiten in jeder Richtung wahrzunehmen.

Folgende Zeilen in einem Gedicht aus Tennysons „Idylls“ sind von tiefer Bedeutung:

Dreh', Glück, dein wildes Rad, demütige die Stolzen,
Dreh' es im Sonnenschein, im Sturm und Regen;
Dich und dein Rad, wir können euch nicht lieben und nicht hassen.


Wir lächeln wenn du lächelst, als Herren vieler Länder,
Drohst du, so lächeln wir als Herren unsrer Hände.
Der Mensch ist eben Mensch und seines Schicksals Herr.

Der Christliche Wissenschafter kommt gar bald zu der Einsicht, daß seine Unabhängigkeit von materiellen Umständen sich nach seiner Erkenntnis des göttlichen Prinzips und der unbegrenzten Möglichkeiten des Menschen als der Idee Gottes richtet. Befindet er sich, menschlich gesprochen, inmitten von Schwierigkeiten und Gefahren, so denkt er an die Erklärung unserer Führerin, daß das Leben stets unabhängig ist von der Materie, und daß der Mensch als Idee Gottes Herrschaft hat über alle Dinge. Aber nicht etwa, als ob das bloße Geltendmachen der geistigen Unabhängigkeit des Menschen ausreichend wäre, um das vor uns liegende Problem sofort zu lösen; denn wie der geübte Arbeiter auf der physischen Daseinsstufe, so muß auch der Schüler der Christlichen Wissenschaft wohl ausgerüstet, praktisch und energisch sein, und zwar sind dies Ergebnisse seiner unablässigen Anwendung all der Wahrheiten, die er erfaßt hat.

Selbstverständlich zeichnet sich der wahre Christliche Wissenschafter durch Gleichmut aus, d. h. sein Charakter ist harmonisch geartet. Er hat stets des Menschen Beziehung zu dem alleinigen, dem vollkommenen Gemüt vor Augen, und an diesem Geburtsrecht der Gesundheit und Harmonie hält er fest, welcherlei Gefahren auch drohen mögen. Sodann spiegelt er Intelligenz in einer Weise wieder, welche denen unmöglich ist, die sich durch den Glauben an die Materialität und durch die Furcht des Todes Schranken setzen. Bei der Erfüllung seiner Aufgabe, seine Unabhängigkeit von der Materialität und allem Bösen zu beweisen, schaut der Schüler der Christlichen Wissenschaft vertrauensvoll auf unser großes Vorbild und erkennt, daß er der unabhängigste Mensch war, der je gelebt hat. Der Grund dafür ist darin zu suchen, daß er „unter die materielle Oberfläche der Dinge“ drang und „die geistige Ursache“ fand, wie Mrs. Eddy in Wissenschaft und Gesundheit erklärt (S. 313). Während seiner vierzigtägigen Erfahrung in der Wüste erwies er sich als Herr über die vermeintlichen Bedürfnisse des sterblichen Daseins, indem er ohne materielle Speise lebte. Bei zwei anderen Gelegenheiten speiste er vermöge seiner Erkenntnis der Allheit des Geistes Tausende von Männern, Frauen und Kindern, die beinahe vor Hunger verschmachtet waren. Sodann lehrte er seine Nachfolger, sich wegen ihrer Gesundheit, Kraft, Intelligenz und Versorgung gänzlich auf Gott zu verlassen.

Die Unabhängigkeit des Apostels Paulus bewies sich zu jeder Zeit, und zwar nie in höherem Maße als gelegentlich des Schiffbruchs, von dem wir im siebenundzwanzigsten Kapitel der Apostelgeschichte lesen. Es wird uns da erzählt, daß er und seine Reisegefährten vierzehn Tage gefastet hatten; aber er versicherte sie des göttlichen Schutzes, aß dann Brot mit ihnen und dankte Gott. Sie hatten nun ein neues Gefühl der Unabhängigkeit, waren „alle gutes Muts“ und erreichten wohlbehalten das Ufer. In dem Maße, wie uns in der Christlichen Wissenschaft die Bedeutung des Begriffs der Unabhängigkeit klar wird, werden auch wir auf unserem Wege stets gutes Muts sein und frohlocken.

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