Der Jude sucht von neuem den Messias. Diese Tatsache finden wir dadurch bestätigt, daß er die althergebrachten Glaubensbekenntnisse und Dogmen, die seine Vorfahren befriedigt haben, fahren läßt. Unbewußt sehnt er sich nach der Erfüllung der Verheißungen, die die Bibel enthält, nach der Erlösung von den Leiden des Alltagslebens, nach dem Tröster — mit anderen Worten, nach dem Messias. Wohin soll er sich aber wenden? Wo soll er die Wahrheit finden, die zu allem Guten führt? Viele Jahre hindurch strebte ich nach Gotteserkenntnis. Ich wollte wissen, was der Mensch, was das Leben, was der Messias ist. Mein Forschen kam endlich zu meiner vollen Zufriedenheit in der Christlichen Wissenschaft zum Abschluß, die mich täglich lehrt, auf Erden, hier und jetzt den Weg des wahren Lebens, des Friedens und des Glücks zu gehen. Ich habe den Schlüssel zur Erlösung von jedem irdischen Leid, ich habe den unkörperlichen Messias gefunden. Wie Ruth einst auf dem Felde Ähren sammelte, so habe auch ich auf dem Felde der Christlichen Wissenschaft gesammelt, und ich empfinde den aufrichtigen Wunsch, meinen lieben Brüdern, den Juden, die reichen Garben zu zeigen, die ich erhalten habe.
Meine Erfahrungen und Forschungen ließen mich ersehen, daß der Jude gewisse Einsprüche erhebt, die zu seiner Zufriedenheit beantwortet werden müssen, ehe er bereit ist, einen Einblick in die Christliche Wissenschaft zu tun. Diese Einsprüche sind nicht so sehr gegen die Christliche Wissenschaft an sich gerichtet, als vielmehr gegen das sogenannte rechtgläubige Christentum im allgemeinen. Da aber diese Einwände den Juden daran hindern, die Christliche Wissenschaft zu prüfen und sie schließlich anzunehmen, so scheint es nur in der Ordnung, daß man sie widerlege und überwinde. Das unermeßliche Gute, das die Christliche Wissenschaft sowohl dem Juden wie der ganzen Menschheit zu bieten hat, ermutigt mich zu diesem Schritt. Ich möchte gerne den Weg, der durch die Christliche Wissenschaft zu dem Messias führt, gerade machen und erleuchten.
Gehen wir zunächst mit einigen Worten auf den jüdischen Gedanken ein. Im Grunde genommen hat der Jude stets in der Vergangenheit gelebt. Er hat an den Traditionen der Vergangenheit festgehalten und sie verehrt, ohne nachzudenken, ob sie gerecht und wahrheitsgemäß seien. Der Jude des Altertums, der Jesus haßte, weil dieser die Materialität rügte, kreuzigte ihn zunächst, häufte dann Verleumdungen auf seinen Namen und hinterließ späteren Generationen seinen Haß gegen Jesus und seinen Abscheu vor ihm. Diesen Unwillen hat der Jude als einen wesentlichen Teil der Tradition angenommen, ohne nach dessen Ursprung zu forschen oder dessen Triftigkeit in Frage zu stellen. Da aber die Christliche Wissenschaft heutzutage im Namen und auf die Weise Christi, der Wahrheit, die Kranken heilt und die Menschen von den Nöten des täglichen Lebens befreit, fängt der Jude allmählich an, aus seiner jahrhundertelangen Apathie zu erwachen. Er frägt sich, was Jesus denn eigentlich tat, daß er so gehaßt wurde. Da der Jude mit ehrlicher Absicht sucht, gelangt er schließlich zur Erkenntnis des Messias. Sobald er erkannt hat, daß Jesus nur deshalb gehaßt wurde, weil er die Verkörperung alles Guten war und das Böse rügte, muß er zugeben, daß dieser Grund nur zu Gunsten Jesu spricht. Wenn er dann sieht, wie sehr diese Antwort seine vorgefaßten, unbestimmten Meinungen widerlegt, fängt er an, andere Traditionen in Frage zu stellen, die er bis dahin niemals geprüft hatte. Auf diese Weise sprengt er die Bande der jüdischen Glaubenslehren und Dogmen.
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