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„Verlust ist Gewinn“

Aus der August 1919-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


„Wo euer Schatz ist, da ist auch euer Herz,“ sagte Jesus. Jeder von uns erlebt stündlich den Beweis von der Wahrheit dieses Ausspruchs, und der Unterschied in der Demonstration wird nur durch die Verschiedenheit des Schatzes bestimmt. Gleich vielen anderen augenscheinlichen Wahrheiten mag dies jedoch für den einzelnen geringe Bedeutung haben, bis er anfängt, sich von der Weisheit des Wegweisers leiten zu lassen; denn dann wird er eine weitere große Wahrheit, die ebenfalls in der Bibel steht, in Betracht ziehen, nämlich: „Wie der Mensch in seinem Herzen denkt, so ist er“ (n. d. engl. Bibelübersetzung).

Der Schüler der Christlichen Wissenschaft hat das Streben, sich in jeder Hinsicht zu verbessern. Da er weiß, daß die Gedanken seines Herzens entweder harmonische oder unharmonische Wirkungen in sein Leben bringen, trachtet er ernstlich danach, diese Gedanken zu läutern. Er erkennt es als sein Problem, sein Herz in Ordnung zu bringen; daher muß er, um den Grundsatz zu befolgen, der in der obenerwähnten Behauptung des Meisters ausgedrückt ist, damit anfangen, seine Schätze zu prüfen, und dann muß er diejenigen aufgeben, die nur zur Befriedigung selbstsüchtiger Wünsche dienen. Solches ist notwendig; denn, wie Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ sagt (S. 205): „Selbstsucht neigt den Wagebalken des menschlichen Daseins auf die Seite des Irrtums, nicht auf die der Wahrheit.“ Selbstsüchtige Schätze sind somit schlechte Schätze und verraten ein Herz voll böser Gedanken, und böse Gedanken bewirken ein schlechtes Dasein, ein Dasein, das von niemand begehrt wird. Aus diesem geht deutlich hervor, daß der Verlust selbstsüchtiger, wertloser Schätze nur als Gewinn angesehen werden kann.

Ich war Zeuge einer Demonstration der obenerwähnten Wahrheit in der Erfahrung eines Mannes, der sich während der letzten Jahre infolge des Fortschritts der Abstinenzbewegung dem Verlust eines Teils seines Vermögens ausgesetzt sah. Als dieser Mann großjährig geworden war, legte er einen Teil seiner Erbschaft in Brauerei aktien an. Nach diesen Wertpapieren war damals an der Börse große Nachfrage, und sie galten daher in Geschäftskreisen als sichere Anlage. Auf die sittliche Seite dieser Sache näher einzugehen, erschien ihm damals nicht nötig. Er hielt das Bierbrauen für ein ehrliches Gewerbe, trank selber Bier und war zu der Überzeugung gekommen, daß die Opposition gegen diesen Industriezweig nur von einer Minderheit ausgehe, die von Vorurteil und Fanatismus erfüllt sei. Mit der Zeit fielen seine Papiere im Wert, da die Abstinenzbewegung immer mehr an Umfang zunahm. Unwille gegen die Agitatoren bemächtigte sich seiner; er hielt sich für das Opfer einer großen Ungerechtigkeit. In dieser Gemütsverfassung beharrte er selbst dann, als er angefangen hatte, sich für die Christliche Wissenschaft zu interessieren. Sein Forschen nach Wahrheit war jedoch nicht vergebens. Er fing an einzusehen, daß es für ihn nur das eine gab, nämlich, ein konsequenter Christlicher Wissenschafter zu sein. Das Verleugnen falscher Begierden war der leichteste Schritt. Die alkoholischen Getränke wurden dahin verbannt, wo sich Tee, Kaffee und Tabak bereits befanden. Voller Unwillen und mit einem Gefühl, daß ihm Unrecht geschehe, bäumte er sich auf, und der persönliche Sinn ließ ihn die Frage im falschen Lichte sehen. Oft wird eine Sache durch die engherzige Gesinnung und den Eigenwillen einiger ihrer Anhänger beeinträchtigt, wodurch dann diejenigen, die recht zu handeln suchen, erbittert werden. So hörte er eines Tages, wie man seinen Namen von der Kanzel herab in Verbindung mit dem Bier- und Spirituosenhandel nannte und ihn als einen Verworfenen hinstellte. Nun beherrschte ihn der Zorn, bis ihm die beruhigenden Darlegungen der Christlichen Wissenschaft wieder zu Hilfe kamen.

Diese erlösende Wahrheit bewies ihm, daß es sich hier nicht um eine Frage zwischen ihm und den Anhängern der Reformbewegung handelte, sondern um das Problem von Recht und Unrecht. Seine Parole lautete fortan: Was ist das Beste für die größte Zahl Menschen? Er erkannte, daß sein Verlust — falls ihm ein solcher infolge der Abstinenzbewegung erwachsen sollte — gering wäre im Vergleich zu dem täglichen Verlust an Glück und Wohlergehen, den so viele durch den Genuß geistiger Getränke erleiden würden. Die Welt wäre ohne berauschende Getränke gewiß viel besser daran; daher konnte das Resultat nur Gewinn und nicht Verlust bedeuten. Und da alles Gute auf Erden allen Erdenbewohnern zuteil wird, so mußte auch er an dem Guten teilhaben. Seine Demonstration ging noch weiter. Nachdem er von dem Gefühl der Ungerechtigkeit und des Verlustes, das ihn in Knechtschaft gehalten hatte, befreit worden war, trat er öffentlich für die gerechte Forderung des Frauenstimmrechts ein, über die er bisher nur abfällig geurteilt hatte, da er wußte, daß die Frauen für das Verbot geistiger Getränke stimmen würden. Infolgedessen konnte er im November, als die Wahlen in seinem Staate stattfanden, der Stimme seines Herzens folgen und für das Frauenstimmrecht und gegen den Alkohol stimmen. Und als der Wahlbericht zeigte, daß seine Seite verloren hatte, bedauerte er dies aufrichtig, so groß war die Wandlung, die in ihm vorgegangen war.

Der nächste Schritt war, daß er sich völlig von den Brauereiinteressen lossagte. Es herrschte fast gar keine Nachfrage nach seinen Aktien, und er mußte gewärtig sein, dieselben mit großem Verluste zu verkaufen, was ihn aber keineswegs zurückschreckte. War er doch zu der Einsicht gelangt, daß der Verkauf von Brauereipapieren nicht minder eine Sünde wäre als das Verkaufen von Bier an die Menschheit, besonders da ein solcher Verkauf helfen würde, neue Opposition gegen das Verbot geistiger Getränke hervorzurufen oder die alte Opposition zu bestärken. Die Brauereien hatten jedoch einen Schuldentilgungsfonds, durch den sie jährlich einen Teil ihrer Schuldscheine einlösten; und auf diesem Wege, der das Vernichten der anstößigen Papiere bedeutete, konnte er einen Teil derselben zu sechzig Prozent loswerden. Der Gewinn jedoch, den er durch Neuanlage des Geldes erzielte, brachte den Verlust einschließlich der Zinsen binnen zwei Jahren wieder vollkommen ein. D i e Aktien, die er seinerzeit nicht durch den Schuldentilgungsfond loswerden konnte, scheinen einen völligen Verlust darzustellen. Da ihm aber das Wohl der ganzen Menschheit jetzt von größerem Wert ist als sein eigenes materielles Wohlergehen, so weiß er, daß es mit seinem Herzen und seinen Gedanken richtig steht. Somit ist er jetzt besser daran denn je zuvor, und er hat Aussicht auf eine noch weit bessere Lebensauffassung. Ist dies nicht der beste Beweis, daß sich dem Menschen der Weg zu neuen und besseren Schätzen öffnet, wenn er ungöttliche Schätze aufgibt? Wer diese Erkenntnis erlangt hat, erfaßt die Weisheit, die in Mrs. Eddys Worten liegt: „Verlust ist Gewinn“ (Poems, S. 4).

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