Anfang 1911, als ich fünfzehn Jahre alt war, bekam ich heftige Schmerzen in der linken Hüfte, die sich noch vor April desselben Jahres zu einem tuberkulösen Leiden entwickelten. Es bildete sich ein Geschwür, und als dieses aufging, brachte man mich in ein hiesiges Krankenhaus. Nach drei Monaten kehrte ich nach Hause zurück, und die Ärzte erlaubten mir das Gehen wieder, aber nur auf dem rechten Bein und an Krücken. Das Geschwür war noch nicht ganz geheilt, die Ärzte glaubten aber, es würde sehr bald heilen. Hierin irrten sie sich jedoch, denn sechs Monate später bildete sich abermals ein Geschwür. Diesmal riet mir unser Arzt — von dem ich gleich hier bemerken möchte, daß er das personifizierte Wohlwollen war —, sofort in das Krankenhaus zu gehen. Ich befolgte denn auch seinen Rat und unterzog mich einer sehr schweren Operation, die zwei Stunden dauerte, und derentwegen ich sechs Monate im Krankenhaus bleiben mußte. Nach Ablauf dieser Zeit wurde ich in weit besserem Zustand entlassen, obgleich nur zwei von den drei Wunden geheilt waren.
Nach meiner im September erfolgten Entlassung bis zum Juni im darauffolgenden Jahre stand ich unter der Obhut der Bezirkspflegerin. Vor und nach Ablauf dieser Zeit war ich nicht imstande, im Bett oder auf einem Stuhl zu sitzen. Ich konnte nichts weiter tun als an Krücken gehen, mit denen ich aber sehr wenig anzufangen wußte, oder flach auf dem Rücken zu liegen. Daher brachte ich die meiste Zeit auf einem Feldbett in unserem Garten zu, in der Hoffnung, die frische Luft würde mir gut tun. Da allem Anschein nach die letzte Wunde nicht heilen wollte, wiewohl es ein Jahr her wax, seit ich das Krankenhaus verlassen hatte, so kehrte ich abermals dahin zurück, um mich noch einmal operieren zu lassen, denn man nahm an, diese Operation werde günstig verlaufen. Wider alles Hoffen und Erwarten war jedoch mein Zustand schlechter als vorher. Nun hörte ich, Gott sei Dank, von der Christlichen Wissenschaft. Wenn die Not am größten, ist Gottes Hilfe am nächsten. Zwei Freunde, die mir jetzt besonders nahe stehen, sprachen mit mir zum ersten Male über den Gegenstand. Wiewohl ich nichts von dieser Lehre wußte — ja ich hatte nicht einmal den Namen vorher gehört —, so fühlte ich doch sofort, daß sie mir Hilfe bringen würde. Ich war fest überzeugt, daß meine Heilung nur eine Frage der Zeit sei. Dieser Gedanke an die Zeit verzögerte wahrscheinlich die Heilung. Hätte ich nicht so gedacht, wäre ich gewiß schneller geheilt worden. Solange wir jedoch jene Annahme hegen, hat eine langsame Heilung sehr viel Vorteil. Wenn ich jetzt auf meine Heilung zurückblicke, möchte ich sie mir garnicht anders wünschen. Wir mögen jene Vorteile nicht gleich wahrnehmen; dieselben sind jedoch nicht zu leugnen. So hatte ich z. B. weit mehr Gelegenheit, zu studieren und mich in den wichtigen Gegenstand zu vertiefen, als wenn ich augenblicklich geheilt worden und in die Geschäftswelt eingetreten wäre.
Ich wurde fast ein Jahr von einem Praktiker behandelt, ohne daß es mir dem Anschein nach besser gegangen wäre. Im Gegenteil, es ging mir eher schlechter; und infolgedessen wechselte ich Anfang 1915 mit dem Praktiker. Wieder erlebte ich eine Enttäuschung, denn es trat noch keine Besserung ein. Im Mai bat ich, immer noch hoffnungsvoll, einen dritten Praktiker, mir zu helfen, da mein Zustand mittlerweile schlimmer denn je geworden war. Ich konnte überhaupt nicht mehr gehen und mußte beständig das Bett hüten. Nach dreimonatlicher Behandlung seitens dieses Praktikers merkte ich zu meiner großen Freude, daß Besserung eintrat. Wiewohl es langsam ging, so wurde es mir doch immer klarer, daß ich Fortschritte machte. Ich fühlte mich wie nie zuvor. Die Wunden heilten, andere Krankheitserscheinungen verschwanden, und im Februar 1916 hatte ich das Verlangen, aufzustehen. Bei meinem ersten Versuch blieb ich nur zwei Stunden auf; da ich aber achtzehn Monate ununterbrochen das Bett gehütet hatte, bedeutete das eine große Abwechslung für mich. Wenige Wochen darauf konnte ich die Treppe hinuntergehen und schließlich einen kurzen Spaziergang machen. Nach sechs Monaten ging es mir so viel besser, daß ich zu dem Praktiker fahren konnte, der mir geholfen hatte, zu erkennen, daß Gesundheit mein mir von Gott verliehenes Erbteil ist.
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