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Wahres Sehen

Aus der September 1919-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Im ersten Kapitel des ersten Buchs Mose lesen wir: „Und Gott sprach: Es werde Licht! und es ward Licht.“ In der Sinnenwelt wird das Licht als Begleiterscheinung eines materiellen Prozesses angesehen, der uns physische Gegenstände und ihre gegenseitigen Beziehungen erkennen läßt. Gemäß der Bibel und den Lehren der Christlichen Wissenschaft ist Licht die Entfaltung Gottes, des göttlichen Prinzips, als allmächtiges und allgegenwärtiges Gemüt, welches das geistige Wesen des Menschen und des Weltalls sowie deren Beziehung zu Gott offenbart. Im metaphysischen Sinne sind daher Licht und geistiges Sehvermögen gleichbedeutend.

Den Lehren der Physik gemäß wird die äußere Welt dadurch sichtbar, daß ihre Gegenstände Ätherwellen von gewisser Länge aussenden. Der Äther ist ein mutmaßliches unsichtbares Zwischenmittel, von dem die Physiker glauben, es durchdringe den ganzen Raum und die gesamte Materie und sei der Schwingung und Wellenbewegung fähig. Da der Äther angenommenermaßen die gesamte materielle Substanz durchdringt, so verursachen gewisse sich drehende Elektrone (die vermeintlichen Einheiten der Materie) quer laufende Schwingungen, wodurch Wellen von verschiedener Länge entstehen, deren Wirkung auf die Netzhaut des Auges von Farbenempfindungen begleitet ist. Die Auffassung von Licht und Sehvermögen als Begleiterscheinungen physischer Prozesse hat dieses Sehvermögen allen Mängeln und Beschränkungen ausgesetzt, die man der Materie beilegt. Die meisten Menschen büßen zum mindesten während eines Teils Ihrer irdischen Lebenszeit ihren Glauben, daß die Sehkraft von der Materie abhängig sei, durch schwache Augen. Trotzdem die medizinische Wissenschaft bestrebt gewesen ist, die Fehler des menschlichen Auges zu verbessern, so finden wir doch allenthalben solche, die da glauben, ihre Sehkraft sei durch Mißbildung, durch das Alter oder durch einen krankhaften Zustand beeinträchtigt worden.

Das Mitleid Christi Jesu tat sich sehr oft dadurch kund, daß er den Blinden das Gesicht wiedergab. Ehe er den Blindgeborenen heilte, hatte er, wie der Evangelist Johannes berichtet, erklärt: „Ich bin das Licht der Welt; wer mir nachfolgt, der wird nicht wandeln in der Finsternis, sondern wird das Licht des Lebens haben.“ Die tiefe Bedeutung dieser Worte und Werke, die auf den Christus, die Wahrheit, als auf das wahrhaftige Licht der Welt hinweisen, ist den Menschen jedoch erst durch das Kommen der Christlichen Wissenschaft wiedergegeben worden.

Als Mrs. Eddy in den Menschen unseres Zeitalters die Erkenntnis weckte, daß Gott göttliches Gemüt, Leben, Wahrheit und Liebe ist und im Menschen und im Weltall zum Ausdruck kommt, begann die Auffassung des wahren Standes des ausschließlich vom Gemüt regierten Menschen als geistiger Idee die Herrschaft des Menschen über materielle Unwahrheiten herbeizuführen. Auf Seite 262 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ sagt sie: „Die Grundlage der sterblichen Disharmonie ist eine falsche Auffassung von dem Ursprung des Menschen. Richtig anfangen heißt richtig enden. Jeder Begriff, der mit dem Gehirn zu beginnen scheint, beginnt falsch. Das göttliche Gemüt ist die einzige Ursache oder das einzige Prinzip des Daseins. In der Materie, im sterblichen Gemüt oder in physischen Formen ist keine Ursache vorhanden.“ Jesus sagte: „Das Auge ist des Leibes Licht. Wenn dein Auge einfältig ist, so wird dein ganzer Leib licht sein; ist aber dein Auge ein Schalk, so wird dein ganzer Leib finster sein.“ Wenn der Mensch erkennt, daß Gott, das Gute, der einzige Schöpfer, die einzige Ursache, ist, so befreit das ihn und seine Fähigkeiten von dem Einfluß irgendeiner anderen vermeintlichen Ursache, so daß er den göttlichen Begriff, die Allheit Gottes und die Nichtsheit der Materie und des Bösen demonstriert.

Diejenigen, die nicht mit dem vergänglichen materiellen Schein zufrieden sind und die danach trachten, die Dunkelheit der sterblichen Annahmen zu verlassen und in das Licht des Christus zu treten, finden in der Demut eine empfängliche Eigenschaft, die den Gedanken der materiellen Selbstheit Schwingen verleiht und eine klarere Erkenntnis von des Menschen geistigem Stand und seiner ewigen Individualität möglich macht. Die geistige Idee, der Mensch, ist der natürliche Zeuge der Tätigkeit des göttlichen Gemüts — die Verkörperung von dessen Licht. Der Vater-Mutter Gott durchstrahlt all die göttlichen Ideen mit Vollkommenheit und Licht, und diese himmlische Verleihung schließt alle materiellen Theorien bezüglich eines materiellen Erbteils aus und übertrifft sie weit. Die Fähigkeiten des Menschen wohnen somit dem Gemüt inne und sind ebenso maßlos wie Gott, ihr unendlicher Geber. Der geistige Mensch hat kein Alter, er steht immerdar in vollkommenem Einklang mit seinem Prinzip, dessen Tätigkeit sich durch Erkenntnis bekundet. Weder die vernunftlose Materie noch das irrige menschliche Denken kann zwischen Gott und den Menschen treten — zwischen den Ursprung des Lichtes und dessen Wiederspiegelung. Auf Seite 488 von Wissenschaft und Gesundheit sagt Mrs. Eddy: „Gemüt allein besitzt alle Fähigkeiten, alles Wahrnehmungs- und Begriffsvermögen. Daher sind die mentalen Gaben nicht dem organischen Bau, noch dem Verfall preisgegeben... Wenn es möglich wäre, daß die wirklichen Sinne des Menschen verletzt werden könnten, dann könnte Seele sie doch in all ihrer Vollkommenheit wieder erzeugen. Aber sie können nicht gestört, noch zerstört werden, denn sie haben ihr Dasein im unsterblichen Gemüt und nicht in der Materie.“

Licht und Erkenntnis sind ursprüngliche Eigenschaften des Gemüts, dessen selbsttätiger Ausdruck im Menschen von keiner mangelhaften oder vernichtbaren falschen Annahme nachgeahmt oder durch eine solche ersetzt werden kann. Die Linse des Geistes ist von Gott bestimmt; sie besteht nicht als Materie und bedarf keiner Auferstehung von der Materie, sondern sie ist immerdar eine unvergängliche Idee im ewigen Gemüt. Sie durchdringt die Fata Morgana der Materie und des Bösen und läßt uns die Schönheit und Heiligkeit der vollkommenen Schöpfung Gottes sehen, Geistiges Sehen wird durch das göttliche Gesetz bewirkt; es objektiviert sich als wahres Sehen, unabhängig von materiellen Annahmen in bezug auf physische Sehorgane. Welche Freude und welcher Dank sollte unser Herz erfüllen! Läßt doch die Bekundung der wahren Identität des Menschen diesen sein Gleichsein mit dem Vater erkennen. Die Wahrheit gestaltet alle ihre Schöpfungen im Einklang mit ihrer eigenen Vollkommenheit, Macht und Fortdauer. Unser Gesichtskreis wird in Wirklichkeit nicht durch materielle Bildungen bedingt, sondern durch unseren Einblick in die Dinge Gottes, dessen Ideen alle im Gemüt eingeschlossen sind und stets erkannt werden. Geistige Einsicht hat keine menschliche Erfindungen nötig, um völlig klar zu sein. In dem Maße, wie wir das unkörperliche Sein erkennen lernen, machen wir uns frei von den Fesseln materieller Theorien und glauben dann nicht mehr, daß es ein Gesetz gibt, demgemäß eine Linse, oder Entfernung, oder Zeit die Sinne des Geistes beeinflussen können. Der vollkommene Brennpunkt ist die Erkenntnis aller Dinge in ihrer richtigen Beziehung zu ihrem Schöpfer.

Hat Krankheit irgendwelcher Art Macht, die Erkenntnis des Prinzips anzugreifen? Wenn man die göttliche Grundlage der Fähigkeiten des Menschen erkannt hat, so ist man vor unharmonischen Zuständen sicher, möge die Scheinbarkeit dem menschlichen Sinn noch so schrecklich erscheinen, denn die geistige Substanz ist unverletzbar und geborgen, und geistige Energie kann nicht beschränkt sein oder erschöpft werden. Wenn wir uns also im dunkeln Tal menschlicher Schwierigkeiten befinden, brauchen wir nur unverwandt auf das unfehlbare Gemüt, die Sonne des Seins des Menschen zu blicken, deren liebevolle Strahlen Unwissenheit und Furcht vertreiben und des Vaters liebe Kleinen zärtlich vorwärts und aufwärts führen.

Johannes spricht von dem unvergänglichen Licht, „welches alle Menschen erleuchtet, die in diese Welt kommen.“ Können Unfälle oder kann das Böse in irgendeiner Verkleidung dieses Licht seiner Klarheit berauben oder seinen ewigen Glanz trüben? Gewiß nicht. Gott und Sein Wort sind stets allmächtig. Es gibt keine Art der Furcht und der Sklaverei unter materiellen Gesetzen, die nicht der Erkenntnis wiche, daß der Sohn im Vater ist und Ihn auf ewig wiederspiegelt. Jesaja sah dies voraus, als er sagte: „Die Sonne soll nicht mehr des Tages dir scheinen, und der Glanz des Mondes soll dir nicht leuchten; sondern der Herr wird dein ewiges Licht und dein Gott wird dein Preis sein.“ Diese Worte verheißen nicht etwas, was der Mensch erst in einem weitentfernten Himmel erlangen wird, sondern etwas, was schon hier sein unveräußerliches Eigentum ist; denn die ewige Wahrheit besteht jetzt!

Das Gefühl des Mitleids mit denen, die in physischer Hinsicht des Augenlichts beraubt sind, ist ganz natürlich; aber die geistig Blinden — diejenigen, deren falscher Begriff von Werten sie das Böse als gut und als eine Macht sehen läßt — sind in weit höherem Maße der Hilfe bedürftig. Schauen wir unverwandt auf die wahre Idee vom Menschen, die stets beim Vater im Himmel ist, wo sie den listigen Anschlägen des Bösen, Unterjochung herbeizuführen, entrückt ist, und wo sie unter den schützenden Flügeln der unangreifbaren Liebe weilt? Paulus gibt uns die Ermahnung: „Darum laßt uns nicht mehr einer den andern richten; sondern das richtet vielmehr, daß niemand seinem Bruder einen Anstoß oder Ärgernis darstelle.“ Während des Kampfes, in welchem sich das Böse selbst vernichtet, hat der Christliche Wissenschafter einen klaren Blick nötig, um den Zorn unschädlich machen zu können, den die bösen Mächte äußern, weil es ihnen nicht gelungen ist, die gewünschte Machtstellung zu erlangen. Wir können den Frieden haben, den uns die Erkenntnis bringt, daß Finsternis dem Lichte der Wahrheit nicht widerstehen kann noch diejenigen, die in dessen Klarheit verweilen, zu täuschen oder zu überwältigen vermag. Wir müssen nicht nur unsere Treue gegen das Prinzip beweisen, indem wir die himmlischen Gaben, die uns gesegnet haben, uns anzueignen suchen, sondern wir müssen auch darauf sehen, daß unser Bewußtsein ein klarer Scheinwerfer sei, ein beständiger Zeuge des Lichtes, das keine Dämmerung oder Finsternis kennt, das „die Blinden auf dem Wege“ leitet, „den sie nicht wissen,“ und das „die Finsternis vor ihnen her zum Licht ... und das Höckerichte zur Ebene“ macht.

In dem Maße, wie wir die wunderbare Liebe des Vater-Mutter Gottes erkennen und sie wiederspiegeln, wird ihr Glanz sich verbreiten und die Nebel des falschen sterblichen Denkens zerteilen, bis der Himmel, den Johannes schaute, verwirklicht ist, der Himmel, wo es keine Nacht gibt, wo nichts ist, „das da Greuel tut und Lüge,“ wo das göttliche Bewußtsein den Menschen als das vollkommene Ebenbild Gottes umfaßt, das auf ewig frei ist von den Täuschungen der Materialität.

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