Skip to main content Skip to search Skip to header Skip to footer

Geistige Wahrnehmung

Aus der Oktober 1920-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Jesus pflegte zu dem Volk in Gleichnissen zu reden; denn in diesen wurde, seiner Erklärung gemäß, „die Weissagung Jesaja's erfüllt, die da sagt: ‚Mit den Ohren werdet ihr hören, und werdet es nicht verstehen; und mit sehenden Augen werdet ihr sehen, und werdet es nicht vernehmen.‘ “ Wie einst Jesus, so fordert die Christliche Wissenschaft in unseren Tagen, daß der Mensch die Horebshöhe der geistigen Vision ersteige und die Dinge so sehe, wie sie in Wirklichkeit sind, nicht wie sie dem materiellen Sinn erscheinen. Die Christliche Wissenschaft gibt uns die Zusicherung, daß wer hinter den Vorhang des Sinnenzeugnisses blickt, die „köstliche Perle“ findet, nämlich Gesundheit, Friede und ewiges Leben. Tatsächlich wird die Hoffnung des Menschen auf Erlösung von den Banden der Sünde, der Krankheit und des Todes durch seine geistige Erkenntnis bewirkt. „Wieviel mehr sollten wir danach trachten die geistigen Ideen Gottes zu erfassen, anstatt bei den Dingen der Sinne zu verweilen!“ sagt Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 510). Was hindert uns denn daran, die Wahrheit zu sehen? Ist es nicht einzig und allein die Annahme eines sterblichen oder fleischlichen Gemüts, dieses Feindes, der die Menschheit verblendet und den das Licht der Christlichen Wissenschaft ebenso vertreibt wie die Finsternis von der aufgehenden Sonne verdrängt wird?

Als Mrs. Eddy die Christliche Wissenschaft entdeckte, war das ebensowenig eine neue Schöpfung wie Newtons Entdeckung des Gesetzes der Schwere oder Marconis Entdeckung des Gesetzes der drahtlosen Telegraphie. Die Wahrheit, die sie entdeckte oder aufdeckte, war stets da, wo sie sie fand; aber es bedurfte ihrer geistigen Einsicht, um sie zu erkennen. Die Wahrheit war vorhanden, nur konnte das menschliche Gemüt sie nicht sehen. Sie kam in der Bibel zum Ausdruck, und die Bibel wurde von den christlichen Völkern der Erde als Gottes Wort anerkannt. Trotzdem aber war dieses Zeitalter ohne einen Seher oder Propheten, bis unsere Führerin dank ihres geläuterten und erhobenen Denkens den Vorhang der Sinne beiseite schob und das Licht des Lebens, der Wahrheit und der Liebe wahrnahm, wie die wachsamen Hirten zu Bethlehem das Licht sahen, das die Hügel um sie her umflutete, von wo aus die frohe Botschaft von der Geburt des Erlösers ertönte. Mrs. Eddy sagt in „Miscellaneous Writings“ (S. 1): „Güte offenbart einen anderen Schauplatz und ein anderes Selbst, das scheinbar in Schatten gehüllt ist, aber durch die Entwicklung des fortschreitenden Gedankens ans Licht gebracht wird, wodurch wir die Macht der Wahrheit und Liebe, die Kranken zu heilen, wahrnehmen.“

Nach der Kreuzigung wurde der Gedanke Maria Magdalenas durch ihre geläuterte Liebe so weit über die düstere Augenscheinlichkeit des Todes erhoben, daß sie unter den Nachfolgern Jesu die erste war, die seine Auferstehung als vollendete Tatsache erkannte. Andererseits weigerte sich Thomas, weil ihn Zweifel und Zaghaftigkeit irreführten, dem Zeugnis seiner Mitjünger zu glauben, die den auferstandenen Meister gesehen hatten. Er wollte nicht eher glauben, bis er die Wunden in Jesu Händen und in seiner Seite geprüft hatte. Jesu liebevoller Verweis — nachdem er diesen Jünger geduldig den materiellen Beweis gegeben hatte —: „Dieweil du mich gesehen hast, Thomas, so glaubest du. Selig sind, die nicht sehen und doch glauben!“ läßt ersehen, wie sehr ihm daran gelegen war, daß dieser Jünger sein Sehvermögen durch einen erweckten Glauben und ein geläutertes Bewußtsein erheben sollte, um, wie Maria Magdalena und die anderen Jünger, den lebendigen, unkörperlichen Christus wahrnehmen zu können.

Mrs. Eddy spricht auf Seite 476 von Wissenschaft und Gesundheit wie folgt von Jesu geistiger Einsicht: „Jesus sah in der Wissenschaft den vollkommenen Menschen, der ihm da erschien, wo den Sterblichen der sündige, sterbliche Mensch erscheint.“ Das Gemüt kommt durch Sehen zum Ausdruck; und von der Beschaffenheit des Gedankens hängt die Beschränktheit oder die Ausdehnung des Sehvermögens ab. Der Mensch, der ein Gemälde mit dem intelligenten Auge des Künstlers betrachtet, erkennt die Harmonie der Farbe, des Umrisses, der Perspektive und der Atmosphäre. Es ist ihm ein Genuß, die in dem Bilde zum Ausdruck kommenden herrlichen Gedanken des Künstlers richtig auszulegen, und er wird von Verwunderung hingerissen. Ein anderer, der das gleiche Bild betrachtet, sieht nicht den feinen Reiz der Schönheit, den es für denjenigen birgt, der „Augen hat zu sehen;“ er geht vorüber, ohne einen Eindruck empfangen zu haben, außer daß er ein mit Farben bedecktes Stück Leinwand gesehen hat.

In gleicher Weise sehen auch die geistig Gesinnten nur so, wie Gott, das göttliche Gemüt, sieht. Für sie bringt das herrliche Bild, das Seine Hand entworfen hat, Vollkommenheit, Wirklichkeit, Harmonie, Frieden und Fülle zum Ausdruck, ja Freiheit von Sünde, Krankheit und Tod. Das sterbliche Gemüt, das die Gedanken mit seinen düsteren, und unwissenden Annahmen beeinflußt, veranlaßt das Opfer, überall nur schlechte Zustände zu sehen. Einem solchen drängen sich mentale Bilder der Krankheit und des Mißgeschicks auf, bis ihn gerade sein Grauen vor diesen Heimsuchungen dazu treibt, Zuflucht „unter dem Schirm des Höchsten“ zu suchen, wo die Dinge des Geistes Gottes geistig erkannt werden.

Als Elisa in Dothan von dem Heer des Königs von Syrien umzingelt war, sah sein Diener, der in aller Frühe aufgestanden und ausgegangen war, daß die Anhöhen vor der Stadt von den Rossen und Wagen des Feindes umgeben waren, und er teilte dies voller Schrecken seinem Meister mit. Elisa aber erkannte die Augenscheinlichkeit der Gefahr, die ihm sein Diener ankündigte, als nicht wahr. Er sagte: „Fürchte dich nicht! denn derer ist mehr, die bei uns sind, als derer, die bei ihnen sind.“ Ließ ihn nicht sein geistiges Auge sehen, daß die Erkenntnis der Gegenwart Gottes mächtiger war als die Menge der syrischen Rosse und Wagen? Er hatte keine Furcht, weil er wußte, daß, was auch immer ein Feind Gottes oder Seines Kindes zu sein behauptet, machtlos, unwirklich und unwahr ist. Damit sich sein Diener desselben Gefühls der Geborgenheit erfreuen möge, betete er und sprach: „Herr öffne ihm die Augen, daß er sehe! Da öffnete der Herr dem Diener die Augen, daß er sah.“ Elisa wollte die Furcht des Jünglings beschwichtigen, weshalb er ihn die schützende und erhaltende Macht der Wahrheit rings umher schauen ließ. Und wie wir im weiteren lesen, sah der Knecht, daß „der Berg voll feuriger Rosse und Wagen um Elisa her“ war.

Wenn sich die feindseligen physischen Sinne dicht um uns scharen, dann laßt uns daran denken, was Elisa zu seinem Diener sagte: „Fürchte dich nicht,“ und laßt uns mittels des Lichtes der Christlichen Wissenschaft hinter den fleischlichen Sinn und über denselben hinaus in das Reich der unendlichen, göttlichen Liebe schauen, deren Gegenwart uns vor allem Bösen schützen kann. Wohl dem, der in der Christlichen Wissenschaft den Christus, die Wahrheit gefunden hat; der in der Verwirrung des sterblichen Kampfes jenen unaussprechlichen Frieden fühlt, welcher „höher ist denn alle Vernunft;“ der sich aller Bosheit und allem Haß gegenüber der stets gegenwärtigen Liebe bewußt sein kann; der Gottes reiche Versorgung angesichts scheinbarer Armut und Not zu demonstrieren vermag; der imstande ist, mit dem Mut, welcher von einem unerschütterlichen Glauben an Gottes schützende Fürsorge erzeugt wird, einer Gefahr entgegentreten kann, und der Gottes volkommenes Kind an Stelle des kranken und sündigen sterblichen Menschen sieht.

Wenn Sie mehr Inhalte wie diese erforschen möchten, können Sie sich für wöchentliche Herold-Nachrichten anmelden. Sie erhalten Artikel, Audioaufnahmen und Ankündigungen direkt per WhatsApp oder E-Mail. 

Anmelden

Mehr aus dieser Ausgabe / Oktober 1920

  

Die Mission des Herolds

„... die allumfassende Wirksamkeit und Verfügbarkeit der Wahrheit zu verkünden ...“

                                                                                                                            Mary Baker Eddy

Nähere Informationen über den Herold und seine Mission.