Eine Redensart, die oft gehört und ebenso oft, ohne sorgfältige Überlegung, angenommen wird, ist: Selbsterhaltung ist das erste Gesetz der Natur. Wie jede andere Behauptung der menschlichen Sprache, so wird auch diese erst wahr, wenn den Worten ihre richtige Bedeutung gegeben wird. Sonst ist die Erklärung ungenau und irreführend.
Worte sind nur das Mittel um Ideen anzudeuten. Die Sterblichen lernen gewisse Töne mit gewissen Ideen zu verbinden. Nun ist aber das sogenannte endliche Gemüt nur eines begrenzten oder endlichen Erfassens einer Idee fähig, wohingegen das unendliche Gemüt die Unendlichkeit versteht, und in diesem Gemüt ist Idee immer unendlich, geistig. Die allmähliche Läuterung, durch welche der falsche Sinn aufgegeben wird für die wirkliche, für die rechte Idee, ist das was Mrs. Eddy auf Seite 566 von „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ „den Weg vom Sinn zur Seele“ nennt. Der ganze Abschnitt heißt: „Wie die Kinder Israel siegreich durch das Rote Meer, die dunkle Ebbe und Flut menschlicher Furcht, hindurchgeführt wurden — wie sie durch die Wüste geleitet wurden, mit müden Schritten durch die große Einöde menschlicher Hoffnungen wanderten und die verheißene Freude vorahnten, so wird die geistige Idee alle rechten Wünsche auf ihrem Weg vom Sinn zur Seele leiten, von einem materiellen Begriff des Daseins zu einem geistigen, hinan zu der Herrlichkeit, die denen bereitet ist, die Gott lieben.“
Ein Studium der wahren Bedeutung von Worten, im Lichte der Christlichen Wissenschaft, ist ein Studium von der Entfaltung der göttlichen Idee, vor welchem das sogenannte menschliche Bewußtsein seinen begrenzten und endlichen Ausblick verliert, und dann aufhört irgendeine Wesenheit als ein endliches Gemüt zu beanspruchen, da es durch die unendliche Vision oder das göttliche Gemüt ersetzt wird. Es ist klar, daß in diesem Vorgang kein Ding oder keine Idee zu existieren aufhört, aber eher, daß Unwissenheit und Begrenzung aufhören den Anspruch auf ein Dasein zu machen, und dadurch wird die wahre Idee oder der wahre Begriff offenbart, die geistig und nicht materiell, unendlich nicht endlich, sind.
Laßt uns die oben angeführte Aussage, daß Selbsterhaltung das erste Gesetz der Natur sei, von diesem Gesichtspunkte aus untersuchen. Der endliche Sinn vom Selbst, der endliche Sinn von Erhaltung, der endliche Sinn von Gesetz, der endliche Sinn von Natur, gibt dem Satz eine ganz verkehrte und unmoralische Bedeutung. Denn, wenn das Selbst als eine materielle organische Struktur angesehen wird, die in unzählbaren Wegen der Vernichtung verfallen ist, und wenn der Versuch dieser Zerstörung zu entgehen, durch Zuflucht zu der Materie, als Lebenserhaltung angesehen wird; wenn man das Gesetz als nichts weiteres als eine Schätzung von Wahrscheinlichkeiten achtet und die Natur als eine physische Kraft ansieht, welche Dinge erschafft und mannigfaltigen Veränderungen unterstellt, und sie schließlich zerstört, dann wird der Ausspruch der reinste Unsinn, der nicht einmal den Wert einer anderen gutbekannten Redensart: „Was hat das Leben für einen Wert?“ besitzt.
Glücklicherweise sind aber das nicht die richtigen Auslegungen dieser paar Worte. Das Selbst ist Ego, und im Glossarium von Wissenschaft und Gesundheit (S. 588) finden wir folgende Auslegung von Ego: „Ich oder Ego. Das göttliche Prinzip; Geist; Seele; unkörperliches, unfehlbares, unsterbliches und ewiges Gemüt.“ Selbsterhaltung ist daher einfach die Erkenntnis des wahren und geistigen Selbst oder das wahre Selbstbewußtsein, und ist nicht nur das erste Gesetz, sondern die Vollständigkeit des Gesetzes. Denn Gesetz, um Gesetz zu sein, ist nur ein anderer Name für Wirklichkeit oder Tatsächlichkeit und kann ebensowenig gebrochen oder beiseite gesetzt werden, als das Wort „ist“ vernichtet werden kann. „Ist“ ist offensichtliche Selbstexistenz — aus dem einfachen Grunde weil sein Gegenteil „nicht ist“ ist. Ich Bin ist eine grammatische Abänderung des Wortes ist, so daß Ich Bin gleichbedeutend ist mit „Gott ist, Ursache ist, Gesetz ist.“ Das was ist kann nicht zerstört werden, weil die Macht, die notwendig wäre es zu zerstören, etwas sein müßte, das nicht in dem „ist“ enthalten ist und daher nicht existiert.
Wenn man weiß daß Gott ist, muß man den Ich Bin kennen; und das ist Selbsterhaltung oder Lebens-Versicherung. Aber was sagt der endliche Sinn? Sein begrenzter Sinn von der Wirklichkeit, von Gott, sieht sich selbst von unzähligen Gefahren umgeben von welchen es, am Ende, kein Entrinnen gibt. Er glaubt an ein Universum, das aus belebten und unbelebten Wesen besteht, wovon die ersten größtenteils von der Gnade der letzteren abhängig sind, und dann erwiegt er die Möglichkeiten einer Flucht von einer Form von Unheil, um am Ende nur von einem anderen überwältigt zu werden. In anderen Worten, er behauptet, daß der Mensch früher oder später Krankheit, Sünde oder dem Alter unterliege. Mit diesen Annahmen vor sich, geht er weiter und berechnet, welches von diesen drei, nach einem sogenannten Gesetz des Zufalls, wohl das Wahrscheinlichste sei, das jedes einzelne befallen werde. Er macht peinlich genaue Berechnungen die sich auf das, was er menschliche Erfahrung nennt, stützen und erklärt, daß er davon Gesetze abgeleitet hat. In Wirklichkeit aber hat er nichts anderes getan als seine eigenen Begrenzungen sichtbar gemacht, die in seinem Begriff von der göttlichen Idee, Gesetz, und der göttlichen Idee, welche er Ereignis oder Zufall nennt, zum Vorschein kommen. Die Bemühungen einen genügenden Sinn des Schutzes auf eine so veränderliche Grundlage aufzubauen sind offenbar selbstzerstörend. Die Worte „Lebens-Versicherung“ an und für sich selbst, wie sie im allgemeinen angewandt werden, sind falsche Benennungen, denn das System welches diesen Titel hat, kann nicht mehr als ein Grad der Vergütung versprechen beim Verlust des Lebens oder bei Gefahr eines solchen Verlustes.
Es ist offenbar die Pflicht der Christlichen Wissenschafter, sorgfältig nachzudenken über dieses Thema. Christliche Wissenschafter gründen ihre Praxis auf die Auffassung, daß Gott Leben und darum unzerstörbar und ewig segnend ist, und daß der Mensch dieses Leben in seiner ganzen Vollkommenheit wiederspiegelt. Eine jede Praxis welche eine wesentliche Verneinung dieser Tatsache ist, wird selbstverständlich ein Hindernis für den geistigen Fortschritt.
Es würde aber kein Metaphysiker sagen, es sei unerwünscht oder unwissenschaftlich wenn jemand seine Ersparnisse in einer Versicherungs-Police anlegt, als eine Geschäftsanlage. Dies ist eine Frage die jeder für sich selbst beantworten muß. In dieser, wie in jeder anderen Sache, ist es der Beweggrund welcher die Rechtfertigkeit oder Unrechtfertigkeit einer Handlung entscheidet, und in dem Maße als eine gewöhnliche Lebens-Versicherung der Ausdruck von selbstloser Besorgtheit für das Wohlergehen anderer ist, ist es ein Beweggrund in der Richtung des Prinzips. Doch müssen sich die Christlichen Wissenschafter hüten, daß sie nicht unwissentlich verführt werden, ihre Schlußfolgerungen auf die Ansprüche einer Institution zu machen, welche ihre Existenz dem angenommenen Glauben, daß der Mensch zum Sterben geboren sei, und daß Zeit und Lebensweise auf ein sogenanntes Durchschnittsgesetz gegründet werden, und sein Verschwinden aus dem Reich der menschlichen Geschäfte unumgänglich Bedrängnis über diejenigen bringen werde, welche er gewöhnt war als von ihm abhängig anzusehen.
Gerade auch dieses Wort, abhängig, muß mit Genauigkeit angewandt werden. Der Mensch ist von Gott, und von Gott allein, abhängig; der Mensch ist Wirkung und Gott ist Ursache und zwischen Ursache und Wirkung ist absolute, gegenseitige Abhängigkeit. Zu denken der Mensch sei vom Menschen abhängig ist gleichbedeutend wie wenn man sagen würde, daß Wirkung von Wirkung abhängig sei und nicht von Ursache. Nichts in der menschlichen Erfahrung ist so niederdrückend wie es der Mesmerismus ist, sich mit der Verantwortung gegenüber Abhängigen beschwert zu fühlen und nichts ist so unlogisch. Dies will natürlich nicht heißen, daß man alles Pflichtgefühl gegenüber seiner Familie oder Freunden von sich weist, aber es bedeutet, daß man die wahre Verwandtschaft erkennen muß. Sich selbst als den Ausdruck, aber nicht den Urheber dessen, auf das man sich verlassen kann, anzuerkennen, ist der einzige Weg auf dem man zuverlässig oder abhängig sein kann. Dies ist Abhängigkeit von dem erhaltenden Prinzip. Diese Erkenntnis befreit den Menschen augenblicklich von den Fesseln des Gefühls der Verantwortung für Ergebnisse, statt dessen erkennt er, daß er verantwortlich ist für die Genauigkeit seiner Erkenntnis von seiner Beziehung zu Gott. Dann überläßt er die Ergebnisse der Ursache, dem Prinzip, Gott.
Vom Standpunkt der sogenannten menschlichen Erfahrung aus sind die Lebens-Versicherungsverzeichnisse, welche als Tatsachen angesehen werden, wahrscheinlich ziemlich korrekt, aber die menschliche Lebenserfahrung ist das eine Ding das Jesus von Nazareth endgültig als Falschheit bewies. Auf Seite 417 von Wissenschaft und Gesundheit schreibt Mrs. Eddy folgende Erklärung: „Wenn du den Zeugen, der gegen deine Verteidigung auftritt, zum Schweigen bringst, zerstörst du den Augenschein.“ Die Verteidigung des Christen ist, daß der Sohn Gottes, das Bild und Gleichnis des Geistes und daher selbst geistig ist. Der Zeuge gegen diese Verteidigung: die unzähligen menschlichen Theorien die sich auf die Behauptung gründen, der Mensch sei physisch, Theorien die klassifiziert sind als materia medica, alte Theologie, Pedanterie, die Materialität in allen ihren Phasen. Um diesen Zeugen zum Schweigen zu bringen, muß jedes und alle Argumente, die er vorbringt im Namen eines menschlichen Systems, verworfen werden, und an deren Stelle die logischen metaphysischen Vernunftgründe treten. Dieses richtige Denken kann immer zurückgeführt werden zu der elementaren Erklärung, daß eine unendliche und vollkommene Ursache in einer unendlichen und vollkommenen Wirkung, Gott und Mensch, göttliches Gemüt und Seiner Idee, wiederspiegelt wird.
Laßt uns, als solche die sich Nachfolger von Christus nennen, danach streben, das Gemüt in uns zu haben das auch in Christus Jesus war, und uns hüten für den Augenschein einzutreten, der sich auf eine Annahme von des Menschen materiellem Ursprung und materieller Geschichte stützt; anstatt dessen laßt uns die Allheit des Geistes bezeugen, der in einem geistigen Universum ausgedrückt ist. Wenn die Christen tatsächlich glauben: „Er sandte sein Wort und machte sie gesund,“ dann erkennen sie, daß sie der einzigen Lebens-Versicherung welche ihre Verheißung erfüllt, angehören, der Verheißung, daß Leben gegen Zerstörung versichert ist.