Eine Zeile eines beliebten Gedichts der Entdeckerin und Gründerin der Christlichen Wissenschaft, Mary Baker Eddy, enthält einen Gedanken, der den Ausblick der ganzen Menschheit ändern kann. Sie lautet: „O göttliches Leben, dem jede kommende Stunde gehört” (Miscellaneous Writings, S. 389; Gedichte, S. 4). Dies verstehend hält der erleuchtete Gedanke plötzlich inne und blickt von seinen Befürchtungen zu einer ermutigenden Verheißung auf. Ein Vorhang geht auf. Licht überstrahlt den Ausblick. Für den, der diese tiefgehende Versicherung zu Herzen nimmt, ändert sich die Welt. Gläubig und zuversichtlich kann er allen kommenden Stunden entgegengehen.
Die Menschen sind im allgemeinen geneigt, sich sehr um die Zukunft zu sorgen. Drohendes Übel sucht ihnen den Frieden zu rauben. Bei einer tatsächlich eintretenden Anfechtung können sie, mit Mut, Vernunft und inbrünstigem Gebet gewappnet, dem Unheil entgegentreten. Aber der Gedanke an bevorstehende Not bietet an sich wenig Hoffnung auf Hilfe. Er malt hauptsächlich das drohende Übel aus, so daß diejenigen, die bestrebt sind, in der gegenwärtigen Stunde auf Gott zu vertrauen, vielleicht nicht ohne weiteres erkennen, daß Gott, der Seine Schöpfung jetzt erhält, auch in Zukunft gegenwärtig ist und helfen will und kann.
Die Christliche Wissenschaft bringt den Menschen gerade diese Versicherung des Guten. Sie hilft ihren Anhängern unerschütterlich Zuversicht und Mut den Drohungen der Furcht gegenüber bewahren. Die Lehre der Christlichen Wissenschaft verdrängt sterbliche Gedanken und ersetzt sie durch das geistige Verständnis, das erkennt, daß Gott, das göttliche Gemüt, jetzt und immer gegenwärtig ist, zu erretten und zu heilen. Mrs. Eddy schreibt (The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany, S. 149, 150): „Vergiß nicht, daß du in keine Lage kommen kannst, so ernst sie auch sei, wo die Liebe nicht schon vor dir war, und wo ihre liebreiche Lehre dich nicht erwartet”. Der Liebe Lehre, nicht Mißgeschick erwartet uns! Der Platz, an den wir kommen sollen, gehört schon Gott. Dieses Verständnis enthält keinen Grund zur Furcht. Gibt der Schüler der Christlichen Wissenschaft die göttliche Tatsache zu, daß die göttliche Liebe überall gegenwärtig ist, so muß er seine Zukunft der Fürsorge und dem Schutz ihrer unendlichen, allumfassenden Wohltätigkeit und Sorgfalt ebenso zuversichtlich anvertrauen wie seine Gegenwart.
Eine Schülerin der Christlichen Wissenschaft hatte eines Tages ein unbedeutendes Erlebnis, das sie lehrte, ihr Denken weise über unvernünftige menschliche Befürchtungen um die Zukunft zu erheben. Auf einem Spaziergang an einem prächtigen Sommermorgen dem Meer entlang beobachtete sie, wie Sand und Wasser im Glanz der ersten Morgenstrahlen leuchteten. In kurzer Entfernung von ihr warf ein Felsvorsprung einen großen schwarzen Schatten über den Strand, und der Fußpfad führte gerade dorthin. So kalt und abstoßend, so frostig und unfreundlich sah es aus, daß es ihr fast widerstrebte, den Schatten zu betreten. Der Glanz des sonnigen Morgens würde verschwunden sein! Als sie jedoch weiterging und die dunkle Strecke betrat, fand sie, daß es dort weder kalt noch dunkel, sondern alles durch weiches Licht gemildert, in warmen, sanften Rosenschimmer gehüllt und in seiner Art ebenso schön war wie das volle Sonnenlicht einen Augenblick vorher.
Der Psalmist vor alters rief aus: „Bettete ich mir in die Hölle, siehe, so bist du auch da”. „Und ob ich schon wanderte im finstern Tal, fürchte ich kein Unglück; denn du bist bei mir”. Was vor uns wie ein Schatten aussehen mag, erweist sich, wenn wir näher kommen, als ein durch die Gegenwart der Liebe lieblich erleuchteter, erwärmter und verschönter Platz. Beim Weitergehen finden wir, daß die Stelle, auf die der Schatten zu fallen schien, infolge der unveränderlichen Gegenwart des göttlichen Lebens, dem sie immerdar „gehört”, stets reich und lieblich war. Wir hatten das Bild trübe und nur teilweise gesehen. Wir hatten auf dem Wege dorthin unser Denken nicht erhoben, um zu sehen, daß auch dort Licht ist.
In dem Maße, wie wir heute Gottes heilende und errettende Macht beweisen, wie wir heute unser Denken und Leben berichtigen, um solches Heilen zu fördern, schützen wir jetzt schon das, was wir unsere Zukunft nennen. Falscher Glaube und irriges Verhalten, die wir jetzt aufgeben, können künftige Zeiten nicht beeinflussen. In dem Maße, wie wir heute über Sünde siegen und das Verständnis der Wahrheit erlangen, legen wir den Grund für die Sicherheit künftiger Tage. Wenn dann eine erwartete künftige Lage in die Gegenwart rückt, finden wir, daß sie durch die in uns wirkende Gnade Gottes schon gesichert und auch schon für sie gesorgt ist. Und Seine Gnade wird allen, die Ihn suchen, weiter beweisen, daß es im göttlichen Gemüt keine schattenhafte, ungewisse Zukunft sondern nur ein herrliches, von Gott regiertes Jetzt gibt, in das grundlose Befürchtungen nie Einlaß finden.
Wir sind Gott stets dankbar, daß das Leben und die Lehre der geliebten Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft uns nötigt zu erwarten, daß die Kraft Gottes in allen Lagen praktisch bewiesen werden kann und wird. Da die Ansprüche des Bösen jetzt unwirklich sind, weil Gott das All in allem ist, sind sie aus demselben vollkommenen Grunde auch in jedem kommenden Erlebnis und zu jeder künftigen Zeit unwirklich. Mißgeschick kann dann wie jetzt durch dasselbe hingebungsvolle Festhalten an der Wahrheit als machtlos bewiesen werden. Weil die Wahrheit wirklich und das Böse unwirklich ist, steht uns tatsächlich nur das bevor, was Gott vorsieht.
Bei dieser aufgeklärten Anschauung können die Anhänger der Christlichen Wissenschaft vernünftigerweise keine ungelöste Schwierigkeit erwarten. Vor ihnen liegen Gelegenheiten, zu finden, daß Gott gegenwärtig und über jede Lage erhaben ist, schon ehe sie eintritt. Wenn die Zeit oder das Ereignis eintritt, ist die Liebe bereits am Werk, an jenem Platze im entfaltenden Bewußtsein zu beweisen, daß alle Lasten leicht und alle Sorgen unwirklich sind. Im Grunde und tatsächlich war und ist Gott zuerst gegenwärtig und wird immer zuerst gegenwärtig sein,— zuerst in der uranfänglichen Ordnung des wahren, allmächtigen, allgegenwärtigen und allwissenden Seins. Wir gehen nicht zeitlich vorwärts, sondern erheben uns im Gebet und im geistigen Beweis, um Ihn zu finden und verstehen zu lernen, daß Seine alles befriedigende Unendlichkeit die Zuflucht der Zeitalter, der sichere Hafen für alle Herzenswünsche ist.
Überwiegt im Denken und Leben die Gegenwart Gottes immer mehr, so wandelt sie alle Plätze und Umstände zu Seiner Herrlichkeit um, das Denken nimmt immer das geistige Licht wahr, und jedes menschliche Erlebnis dient dem Guten. Der wirkliche Mensch in Gottes Bild und Gleichnis, der mit seinem Vater-Mutter-Gott zugleich besteht, steht auf ewig über den falschen Ansprüchen Sterblichkeit und Materie. In jeder kommenden Stunde können wir diese göttliche Tatsache bestätigen und die Allgegenwart des göttlichen Lebens beweisen und so dartun, daß alles Böse eine grund- und machtlose Sage ist. In dem Maße, wie das Denken durch die Christliche Wissenschaft vergeistigt und gefestigt wird, hellt Gottes allgenügende Gnade heute jede Sorge oder Anfechtung auf, und jeder Ausblick auf die menschliche Vorstellung von Zukunft kann sich hoch über alles Drohende und über alle Befürchtungen erheben und in der Gewißheit der stets von der ewigen Güte Gottes ausgehenden Erquickung, Stärke und Herrlichkeit siegreich bleiben. Wahrlich, „jede kommende Stunde gehört” dem göttlichen Leben. Seine heilige Gegenwart umschließt die ganze Schöpfung immerdar mit der Geborgenheit der erhaltenden Liebe.
