Eine der vielen verdrießlichen und quälenden Neigungen des fleischlichen Sinnes, die alle durch die Christliche Wissenschaft bloßgestellt und ausgetrieben werden, ist die Neigung, sich zu sorgen. Sie ist die Folge des anerzogenen Glaubens, daß das Böse wirklich und mächtig sei. Sich sorgen ist im wesentlichen Mangel an Gottvertrauen und hat Furcht, Selbstsucht und Aufgeregtheit — eine ganz und gar abstoßende und ungesunde Auslese — im Gefolge. Trotzdem machen sich geistig unaufgeklärte Menschen Sorgen über sich und andere und beherbergen sie, bis manchmal eine Gewohnheit daraus wird.
Daß diese Neigung des sterblichen Gemüts kein Erzeugnis der Neuzeit ist, geht aus folgenden Worten Christi Jesu in der Bergpredigt hervor: „Sorget nicht für euer Leben, was ihr essen und trinken werdet, auch nicht für euren Leib, was ihr anziehen werdet. Ist nicht das Leben mehr denn die Speise? und der Leib mehr denn die Kleidung?” Dieser Rat unseres Meisters richtete sich gegen banges Sorgen um den Körper, um Nahrung und Kleidung. Nachdem Jesus auf das Wachstum und die Schönheit der Lilien als Beweis des Wirkens des Gesetzes Gottes hingewiesen hatte, äußerte er die wunderbare Verhaltungsmaßregel: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen”. Die Christliche Wissenschaft befähigt eine stets wachsende Zahl Männer, Frauen und Kinder, „am ersten nach dem Reich Gottes” zu trachten, d.h. folgerichtig bestrebt zu sein, daß Gott, das göttliche Gemüt und die göttliche Liebe, ihre Gedanken regiere. Die Schüler der Christlichen Wissenschaft erkennen, daß sich Sorgen machen nicht nur töricht sondern auch nutzlos ist, während Gottvertrauen stets befriedigend und sicher ist. Denn sie finden, daß „solches alles”— Gesundheit und Freudigkeit, Friede und Versorgung — ihnen zufällt, wenn sie in ihrem Denken und Leben zuerst nach dem Reich oder der Herrschaft Gottes, des Guten, trachten.
Viele Ärzte haben gefunden und erklärt, daß Kummer und Sorgen viel zu den Leiden gewisser Kranker beiträgt, und sie haben diesen Kranken dringend nahe gelegt, sich nicht mehr zu sorgen. Weil aber die Ärzte das heilende Gesetz Gottes nicht verstehen, können sie den Kranken keine durchaus zuverlässige Regel geben, nach der sie Sorgegedanken verdrängen und ausschließen können. Die Erfahrung zeigt, daß zur Erlangung wahren Friedens und Vertrauens mehr gehört als die Ausübung menschlichen Willens, die Wiederholung von Formeln, Kaltblütigkeit oder nur eitle Prahlerei; denn nichts von alledem geht der Furcht und Besorgnis auf den Grund. Nur die göttliche Kraft kann das menschliche Gemüt von den Befürchtungen und Mißklängen seiner eigenen Einbildung befreien.
Sorge und Furcht wären berechtigt, wenn das Böse Macht hätte und wenn die Menschen materiellen Zuständen und Umständen ausgesetzt wären, wie allgemein angenommen wird. Es wäre wahrlich entmutigend zu glauben, daß die Übel, die zu Besorgnis Veranlassung geben, wirklich seien und göttliche Billigung oder Unterstützung haben. Nun verkündigt und beweist die Christliche Wissenschaft die erlösende Wahrheit, daß Gott, das Gute, allmächtig, die allumfassende und einzige Kraft ist, und daß Furcht und Sorge daher machtlos und grundlos sind. Denn „das Verständnis der göttlichen Allgewalt, sogar nur in geringem Grade, zerstört”, wie Mrs. Eddy in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 454) erklärt, „die Furcht und stellt die Füße auf den rechten Pfad — den Pfad, der zu jenem Hause führt, das nicht mit Händen gemacht ist, sondern ‚ewig ... im Himmel‘ ist”. Und sie fährt fort: „Die absolute Christliche Wissenschaft lehrt, daß das Böse oder die Materie weder Intelligenz noch Macht besitzt, und das ist die große Wahrheit, die dem Irrtum jede Maske abreißt”.
Angesichts dieser Tatsachen ist es klar, daß Sorge bei einem, der sich als Nachfolger Christi Jesu bekennt, unnatürlich ist, weil Sorge ein Zeichen von Mangel an Gottvertrauen und des Glaubens an das Böse ist. Der Meisterchrist vertraute Gott vollständig und ausschließlich, und er wußte und bewies, daß das Böse unwahr und machtlos ist. Zur Ermutigung und Aufklärung der müden Menschheit überwand Jesus jede Erscheinungsform des Bösen — Sünde, Leid und Krankheit, Begrenzung und Mangel, Hilflosigkeit und Hoffnungslosigkeit, Zwietracht und Tod. Damit bewies er, daß kein Anlaß zu Sorge vorliegt, sondern daß im Gegenteil beständig reichlich Grund zu ruhigem Vertrauen auf das Gute und zu Dankbarkeit für das Gute besteht.
Die Christliche Wissenschaft gibt uns die Regel für christliches und wissenschaftliches Denken, wodurch die Menschen hier und jetzt in gewissem Maße das Gemüt erlangen können, das in Christus Jesus war. Jede Einflüsterung des Bösen, die, wenn angenommen, zu Sorge und Widerwärtigkeit führen könnte, kann und sollte als Unwahrheit erkannt und zurückgewiesen werden. Denn alles, was nicht Gott und Seine Güte, die Liebe und ihre Fürsorge und ihren Schutz, die Wahrheit und ihre unwandelbare Harmonie bejaht — alles, was die Wahrheit verneint — muß unwahr sein und kann keine Stütze durch das Gesetz haben. So wandelt die Christliche Wissenschaft müde, kummervolle Menschen in frohe und wahre Anbeter um, die Gott mit dem Psalmisten preisen: „Ich fürchte kein Unglück; denn du bist bei mir, dein Stecken und Stab trösten mich”.
