Wer bewundert nicht wahres Herrschertum — Vertrauen auf das Gute, Mut, Furchtlosigkeit, Frohsinn, die Gewißheit rechten Vollbringens? Wer möchte es nicht zum Ausdruck bringen? Von Siegfried, dem Waldhelden der deutschen Sage, wird erzählt, daß er die gewaltigen Taten in seiner Jugend infolge seiner vollständigen Furchtlosigkeit und seines damit begründeten Freiseins von Zweifel oder dem Gedanken an Mißlingen vollbracht habe.
Wie kann man angesichts der Probleme des modernen Lebens echtes Herrschertum ausdrücken beim Meistern und Überwinden drachenartiger Ansprüche wie Sünde, Armut, Krankheit, grundlose und quälende Befürchtungen — lauter Erscheinungsformen der Annahme, daß Leben und Substanz in der Materie seien? In dem Lebensbeispiel Christi Jesu, des vollkommenen Meisters, finden wir die völlig befriedigende Antwort: er handhabte und meisterte jede Geltendmachung des Materialismus einschließlich des Glaubens an Mangel und an die Wirklichkeit des Todes. Für ihn war das Stillen der sturmgepeitschten Wellen so natürlich wie das Stillen der Selbstverdammung und Verzweiflung der Magdalena, wodurch sie geheilt und aufgerichtet wurde.
Jesus zweifelte nie an seiner gottgegebenen Fähigkeit, sein Wissen beim Beweisen der Macht Gottes und der Machtlosigkeit, der Nichtsheit des Bösen bei allen seinen falschen Ansprüchen anzuwenden. Der Bericht über seine Heilungen im Neuen Testament enthüllt die Tatsache, daß Jesus beim Handhaben der Ansprüche des Bösen mit Machtbefugnis, Bestimmtheit und Überzeugung sprach. Bei seinem Erlebnis in der Wüste wie auch später weigerte er sich, auf die Einflüsterungen der Versuchung zu hören, und mit machtvollem Verneinen widerstand er ihnen durch sofortige Abweisung. Aus seinen Worten und seinem Beispiel ist klar ersichtlich, daß das Böse vor starkem Widerstand gegen seine Ansprüche vergeht, wie die Finsternis vor dem Licht verschwindet.
Die göttlich eingegebenen Lehren der Christlichen Wissenschaft, die durch tatsächliche Heilung, Erneuerung und Erbauung mit der Macht des Beweises sprechen, enthüllen den Demütigen und Gelehrigen die Art und Weise, wie Jesus seine großen Werke vollbrachte. Sie zeigen dem Sucher, wie er dem Meister im Überwinden Schritt für Schritt nachfolgen kann, wenn falsche Annahmen an der Tür seines Bewußtseins anklopfen oder darin entdeckt werden, um ausgetrieben zu werden. Eine Hauptbedingung, über jeden Irrtumsanspruch den Sieg zu erringen, ist sofortiges und kraftvolles Abweisen seines Versuchs, sich als wirklich aufzuspielen. Mary Baker Eddy, die durch Widerspiegelung liebreichen, starken, standhaften, unerschütterlichen Mutes im Verneinen und Vernichten des Bösen unermeßlich viel Gutes vollbrachte, sagt in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift” (S. 7) mit Bezug auf Jesu Art der Zurückweisung des Irrtums: „Das einzige höfliche Wort, das er für den Irrtum übrig hatte, war: ‚Heb dich, Satan, von mir!‘ Einen noch stärkeren Augenschein, daß Jesu Tadel scharf und schneidend war, bieten seine eigenen Worte, welche die Notwendigkeit solch einer kräftigen Ausdrucksweise dartun, wenn er Teufel austrieb und Kranke und Sünder heilte”.
Christi Jesu Gebieten und Vollbringen entsprangen seiner Bekundung der göttlichen, erbarmenden Liebe, seinem Verständnis Gottes und seiner Beziehung zu Gott, einer, wie er wußte, unauflöslichen und harmonischen Beziehung. So konnte er jeden unechten Gedanken, der sich ihm mit Bezug auf ihn selber oder auf andere wirklich zu machen suchte, sofort aufdecken, zurückweisen und vernichten. Daß wir ganz auf Gott vertrauen und nicht zweifeln sollten, geht aus folgenden Worten Jesu hervor, die fraglos zur Ermutigung aller beim Beseitigen großer oder kleiner Berge irriger Annahmen dienen sollen: „Wahrlich, ich sage euch: Wer zu diesem Berge spräche: Hebe dich und wirf dich ins Meer! und zweifelte nicht in seinem Herzen, sondern glaubte, daß es geschehen würde, was er sagt, so wird’s ihm geschehen, was er sagt”. Ein andermal sagte er, daß sogar ein Glaube wie ein Senfkorn Berge versetzen würde. Es kann also kein Zweifel darüber bestehen, daß die auf der Erkenntnis Gottes, der Liebe, beruhende Furchtlosigkeit zum Beweisen der Herrschaft über das Böse erforderlich ist.
Diese Furchtlosigkeit mit ihren starken Verneinungen des Irrtums und Bejahungen des Guten als der einzigen Macht und Gegenwart spiegelt den Willen Gottes wider. Sich dem Ärger, dem Verdacht, dem Haß, dem Verdruß, der Besorgnis, der Wollust, dem Zweifel, der Furcht hingeben, heißt der sogenannten menschlichen Willenskraft frönen. Menschliche Herrschsucht ist die Schwäche selber; sie ist machtlos und zeitlich. In der Christlichen Wissenschaft kann man sich sofort vergewissern, ob man vom göttlichen oder vom menschlichen Willen regiert wird, und man sollte nicht nachlässig sein in seinem Streben, die Intelligenz, die Festigkeit, die Macht und die Liebe Gottes widerzuspiegeln, wenn man dem menschlichen Willen mit seinen täuschenden Unwahrheiten Schmerz und Genuß in der Materie widersteht. Oft mag man gezwungen sein, beharrlich an der Wahrheit festzuhalten; aber das Gemüt verleiht einem die nötige Beharrlichkeit, bis man sich über den Dampf der Schlacht erhebt und freudig die Früchte des Sieges erblickt — mehr Vertrauen auf die Wirklichkeit alles Guten und weniger Glauben an die Scheinwirklichkeit des Bösen. Inbrünstiges Bemühen, Gott zu verstehen, läßt uns die Wahrheit über Gott und den Menschen und die Schöpfung klarer erkennen und erfüllt das Herz mit der Liebe, die allen Irrtum austreibt und ein bestimmtes Bewußtsein des Guten erzeugt. Daher Jesu Stunden der Gemeinschaft mit Gott!
Taufende haben bewiesen und beweisen, daß Vertrauen, Zuversicht, Frohsinn und Freudigkeit unvermeidlich die Ergebnisse des Ergründens und Beweisens der Christlichen Wissenschaft sind. Wer sich Schritt für Schritt diesen freudigen Sinn von Herrschaft einigermaßen erworben hat, trachtet eifrig danach, noch mehr davon zu erwerben; denn es bedeutet hier und jetzt den himmlischen Sieg über alles Falsche oder Unharmonische. Lasset uns bei diesem unübertrefflichen Streben der Worte unserer Führerin auf Seite 390 in Wissenschaft und Gesundheit eingedenk sein, die nicht nur auf Krankheit sondern auf alle Ansprüche des Bösen anwendbar sind: „Tritt den Anfangsstadien der Krankheit mit ebenso kräftigem mentalen Widerstand entgegen, wie ein Gesetzgeber, der das Durchgehen eines unmenschlichen Gesetzes vereiteln will”, und (S. 392): „Deine Entscheidungen werden dich meistern, welche Richtung sie auch nehmen mögen”. Tätige, ruhige Entschlossenheit, nur gute Eigenschaften auszudrücken, ist also von höchster Wichtigkeit, um die Teilnahmlosigkeit, die unbewußt das listige Eindringen von Irrtum ins menschliche Bewußtsein zuläßt, nachdrücklich auszuschließen und die vollkommene Gesundheit und Harmonie des wahren Menschen zu bekunden.
