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Unsere Feinde los werden

Aus der Mai 1952-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Eine denkwürdige Vorschrift für das Zusammenleben, die Christus Jesus in seiner Bergpredigt gab (Matth. 5, 44) lautet: „Liebet eure Feinde.“ Diese Vorschrift wird wahrscheinlich häufiger angeführt als befolgt. Warum? Vielleicht darum, weil ihre volle Bedeutung wenig verstanden wird, und die Fähigkeit, sie anzuwenden, nur wenig entwickelt ist. Aber die Christliche Wissenschaft enthüllt die beachtenswerte Tatsache, daß seine Feinde lieben das christliche und einzig wirksame Mittel ist, sie los zu werden.

Man muß eine Vorschrift verstehen, um sie zu beweisen und zu befolgen. Die Vorschrift: „Liebet eure Feinde“, beruht darauf, daß Gott die Liebe, das göttliche Prinzip alles Seins ist. Als Christus Jesus sein Gebot verkündigte, stützte er es durch einen Hinweis darauf, daß unser himmlischer Vater „seine Sonne aufgehen läßt über die Bösen und über die Guten und läßt regnen über Gerechte und Ungerechte“ (Matth. 5, 45). Hier ist die göttliche Tatsache geschildert, daß Gott die unwandelbare Liebe, das göttliche, unveränderliche Prinzip ist. Somit verlangt die Vorschrift oder das Gebot also nichts Geringeres, als daß das Wesen der Liebe im Handeln zum Ausdruck kommen muß.

Die Bibel lehrt, daß der Mensch das Bild und Gleichnis Gottes ist. Die Christliche Wissenschaft, die anerkennt, daß Gott die Liebe ist, fragt folgerichtig: „Wie kann der Mensch dann lieblos oder nicht liebenswert sein?“ Aufhören, die Liebe auszudrücken, weil jemand anders, ein sogenannter Feind, die göttliche Eigenschaft Liebe nicht bekundet, heißt unsere Beziehung zu Gott als Sein Ebenbild aus den Augen verlieren. In dem Grade, wie man also lieblose oder haßerfüllte Gedanken hegt, verliert man das Bewußtsein, daß das wahre Selbst des Menschen Gottes Ebenbild ist. Der falsche Sinn des Getrenntseins von der Liebe, der wahren Quelle des Seins, scheint wirklich und persönlich, obwohl er tatsächlich unwirklich und unpersönlich ist. Jede Vorstellung, daß der Mensch der Urheber gehässiger, rachsüchtiger oder boshafter Gedanken sei, sie mitteile oder in sich aufnehme, ist irrig, unwahr. Das Böse hat keine Wesenheit, kein Prinzip, kein Gesetz und keine Substanz. Es ermangelt jeder Persönlichkeit, Individualität und Wirklichkeit.

Mary Baker Eddy entdeckte und bewies die Wahrheit ihrer Erklärung: „Und Liebe spiegelt sich in Liebe wider“ (Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, S. 17). Um diese Erklärung zu verstehen, muß der Leser Mrs. Eddys Anwendung großer Anfangsbuchstaben — im Deutschen fett gedruckter Buchstaben — beachten, wodurch sie Gottes Namen hervorhebt. Das zweite Wort der Erklärung, Liebe, hat den Anfangsbuchstaben fett gedruckt. Es bedeutet Gott. Folglich ist dies eine bestimmte Feststellung, daß Gott in geistiger Liebe, Seiner Eigenschaft, widergespiegelt wird. Dies enthüllt, daß geistige Liebe dem Menschen, der Widerspiegelung Gottes, innewohnt. Die Kenntnis dieser Wahrheit verpflichtet und befähigt den Christlichen Wissenschafter, diese ihm innewohnende göttliche Eigenschaft, Liebe, unausgesetzt an den Tag zu legen, ungeachtet jedes irrigen oder bösen Denkens, Redens oder Handelns seitens eines andern. Verringert etwas Unwahres, was jemand anders sagt, unsere uns von Gott gegebene Fähigkeit, die Wahrheit zu sagen? Nimmt das Versagen eines andern, die göttliche Liebe widerzuspiegeln, uns die uns innewohnende Fähigkeit, unsere göttliche Quelle recht zu vertreten, indem wir der Vorschrift der Liebe gemäß denken und handeln? Nein. Laßt uns also — anstatt uns zu bemühen, das Unliebenswürdige zu lieben, wobei wir oft versagen, dem Gebot Jesu, immer zu lieben, nachzukommen — danach streben, das Bewußtsein des geistigen Einsseins des Menschen mit der göttlichen Liebe zu erlangen und uns zu bewahren! Auf diese Weise können wir die Liebe gegen alle unwillkürlich und fortwährend widerspiegeln. So erfüllen wir gewissenhaft unsere Aufgabe, als Gottes Widerspiegelung für Sein wahres Wesen zu zeugen.

In ihrem Buch „Miscellaneous Writings“ erwähnt Mrs. Eddy folgende bemerkenswerte Tatsache, die sie selber bewies (S. 210, 211): „Liebet eure Feinde, sonst werdet ihr sie nicht los; wenn ihr sie dagegen liebt, helft ihr sie bessern.“ Hier haben wir einen zwingenden Ansporn, unsere Feinde zu lieben: sie zu befreien von der Knechtschaft des Bösen, das sie veranlaßt, zu irren. Man darf sie nicht hassen, sondern muß sie lieben, muß ihnen helfen, anstatt ihnen zu schaden. Gottes Liebe wird allen gleichermaßen zuteil; denn alle wirklichen Individualitäten drücken Ihn aus. Das Zeugnis der körperlichen Sinne, das dies verneint, ist unwahr und unwirklich. Versteht man diese Wahrheit und setzt sie in die Tat um, so wird die Wesenlosigkeit, das Nichts von Haß, Eifersucht, Neid und Bosheit bloßgestellt, und der sogenannte Feind wacht aus seiner Täuschung auf und ist geheilt.

Nur durch dieses Verfahren können wir einen Feind los werden. Es gibt keine andere Möglichkeit, ob der Feind dann eine bösartige Einflüsterung, eine Furcht, ein Verwandter, ein Kirchenmitglied, ein Mitarbeiter oder eine fremde Macht ist. Einen vermeintlichen Feind aus den Augen verlieren oder ihm geflissentlich aus dem Wege gehen trägt nichts zur Förderung des heilenden Wirkens bei, das die Absicht von Jesu Vorschrift ist. Es führt im Gegenteil zu Ungehorsam und dem Umgehen einer christlichen Pflicht.

Diese christliche Pflicht, die Jesus klar darlegte, ist im Evangelium des Matthäus (18, 15–17) berichtet. Sie beginnt mit der Forderung: „Sündigt aber dein Bruder an dir, so gehe hin und strafe ihn [engl. Bibel: sage ihm seinen Fehler] zwischen dir und ihm allein.“ Wer nicht den sittlichen Mut hat, dies zu tun, sollte zu niemand anderem über den Irrtum reden. Aufrichtiges Gebet und die Vergegenwärtigung, daß das Böse keine Person ist und keine Wesenheit, Macht oder Wirklichkeit hat, muß dem persönlichen Besuch und der liebevollen Ermahnung vorausgehen, wenn Heilung folgen soll. Und Heilung ist der einzige Zweck der Vorschrift. Ein durch Umgehung dieser Vorschrift erlangter Friede ist eine falsche Auffassung von Frieden. Außerdem ist eine Befriedigung, die man darüber empfindet, den Irrtum unterschiedslos zu äußern und persönlich zu machen Sünde. Der Friede, den man erlangt durch das Widerspiegeln der göttlichen Liebe und das gehorsame Vernichten des Glaubens, daß der Irrtum persönlich und wirklich sei, ist geistig und dauernd. So werden wir nicht nur unsere Feinde dadurch los, daß wir sie heilen, sondern wir stärken auch das Bewußtsein der wahren Menschenbrüderschaft durch das Beweisen, daß die unendliche göttliche Liebe der einzige Ursprung aller ist.

Ein unverkennbares Beispiel der Unfehlbarkeit dieses göttlichen Gesetzes, seine Feinde dadurch los zu werden, daß man sie liebt, finden wir in dem Bericht im Alten Testament, wie Joseph seine Brüder, die ihn schlecht behandelt hatten, liebte und ihnen vergab (siehe 1. Mose, Kapitel 37 und 39–50). Josephs stetiger geistiger Fortschritt und der Bericht, was er menschlich leistete, zeugen davon, daß er von Groll und Rache frei war. Josephs Brüder, die ihn aus Eifersucht und Neid böswillig behandelt hatten, empfanden Gewissenbisse und Furcht; aber Joseph liebte sie, er spiegelte die Liebe, Gott, wider und konnte vergeben. Er erklärte seinen Brüdern gütig und liebevoll (1. Mose 50, 20. 21): „Ihr gedachtet's böse mit mir zu machen; aber Gott gedachte es gut zu machen, daß er täte, wie es jetzt am Tage ist, zu erhalten viel Volks. So fürchtet euch nun nicht; ich will euch versorgen und eure Kinder.“ Und wir lesen ferner, daß „er sie tröstete und freundlich mit ihnen redete.“

In der Christlichen Wissenschaft ist uns klar gezeigt, daß wir tatsächlich keinen Feind haben können außer unserem eigenen falschen Glauben, daß das Böse persönlich und wirklich sei. In ihrem eindrucksvollen Aufsatz „Liebet eure Feinde“ in „Miscellaneous Writings“ spricht unsere Führerin aus eigener Erfahrung, als sie während der Entdeckung und Gründung der Christlichen Wissenschaft dem Haß und der Verfolgung, die sich gegen sie richteten, mit Liebe begegnete und sie meisterte, wenn sie fragt (S. 8): „Kannst du einen Feind sehen, außer wenn du diesen Feind zuerst formst und dann auf den Gegenstand deiner eigenen Vorstellung hinschaust? Was schadet dir? Kann Hohes oder Tiefes oder irgendeine andere Kreatur dich von der Liebe scheiden, die das allgegenwärtige Gute ist, — die jeden und alle unendlich segnet?“ Und sie sagt auf der nächsten Seite: „,Liebe deine Feinde' bedeutet dasselbe wie ,du hast keine Feinde.'“

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