Von den Mitgliedern Der Mutterkirche, The First Church of Christ, Scientist, in Boston, Massachusetts, wird erwartet, daß sie untereinander in christlicher Gemeinschaft leben. Sie tun es in Erfüllung des Artikels XI, Abschnitt 3, des Handbuches Der Mutterkirche von Mary Baker Eddy. Unter der Überschrift: „Verletzung der christlichen Gemeinschaft“ heißt es da: „Ein Mitglied, das die Pastorin Emerita oder ein andres Mitglied mit Unrecht kränkt oder schmäht, oder das mit Mitgliedern von bewährtem Ruf nicht in christlichem Einvernehmen lebt, soll entweder aus der Kirche austreten, oder es soll aus der Kirchengemeinschaft ausgeschlossen werden.“
Dieses Gebot der christlichen Gemeinschaft muß von uns gehalten werden, denn es ist notwendig, daß sowohl der Buchstabe wie der Geist der Christlichen Wissenschaft befolgt werden. Ein Kirchenproblem zum Beispiel mag scheinbar durch einen Mangel an christlichem Einvernehmen zwischen zwei Kirchenmitgliedern entstanden sein. In solchem Falle kann die Kluft sich noch vergrößern, wenn Mitglieder Partei ergreifen und so Uneinigkeit unter die gesamten Mitglieder bringen. Früher oder später muß die Verwicklung gelöst, der persönliche Sinn durch die Wahrheit entthront, und der individuelle Verstand betätigt werden. Durch Befolgen des Artikels XI, Abschnitt 3, des Handbuches bleiben die Bande der Brüderschaft unter den Mitgliedern Der Mutterkirche ungebrochen. Das christliche Einvernehmen bleibt gewahrt, wenn ein Mitglied die Interessen eines andern Mitgliedes berücksichtigt, jedoch nicht in dem Ausmaße, daß es das Denken des andern dirigiert oder es in irriger Weise zu beeinflussen sucht.
Der Verfasser besuchte einmal eine Zweigkirche der Christlichen Wissenschaft in einer im Westen der Vereinigten Staaten gelegenen Stadt und war beeindruckt von der inspirierenden Atmosphäre dieser Kirche. Er befragte sich über sie und erfuhr, daß innerhalb eines Jahres sich zwei neue Zweige aus Mitgliedern dieser Kirche gebildet hatten, daß aber die Kirche sehr schnell die entstandenen Lücken wieder ausgefüllt hatte. Man sagte ihm, daß man den schnellen Zuwachs mit der Tatsache erkläre, daß unter den Mitgliedern immer gutes Einvernehmen geherrscht habe. Mrs. Eddy sagt (Miscellaneous Writings, Vermischte Schriften, S. 131): „Die Christlichen Wissenschafter erhalten Einigkeit und deuten so die Substanz unseres erhabenen Glaubens an und damit den Beweis, daß dieser Glaube auf den Felsen der göttlichen Einheit gegründet ist — ein Glaube, ein Gott, eine Taufe.“
Zuweilen werden in Zweigkirchen-Sitzungen strittige Punkte erörtert, doch Streitigkeiten haben keine Macht, eine geistige Gemeinschaft zu stören. Gutwilligkeit oder der Wille Gottes sollte bei jeder Kirchensitzung den Vorsitz führen. Wenn die Stimmung gespannt und gereizt wird und Erregung um sich greift, dann wird eine Äußerung der Liebe stets den Mesmerismus brechen.
Beim Lesen der Evangelien finden wir, daß der Meister großes Gewicht auf Einigkeit und Brüderlichkeit legte. Er führte seine Verbindung mit Gott in den Worten aus: „Ich und der Vater sind eins“ (Joh. 10:30). Er veranschaulichte diese Verbundenheit, indem er auf dem Gehorsam gegen das zweite große Gebot bestand (Matth. 22:39): „Du sollst deinen Nächsten lieben wie dich selbst“. Er sah seinen Nächsten nicht im Lichte einer persönlichen Freundschaft, sondern zeigte vielmehr an Hand des Gleichnisses vom Menschen, der von Jerusalem hinab gen Jericho ging und unter die Mörder fiel, daß jeder unser Nächster ist, mit dem wir zum Zwecke einer Hilfeleistung in Berührung kommen.
Wir haben allen Grund zu der Erwartung, in unseren Kirchen Einigkeit zu finden, denn wir lernen in der Christlichen Wissenschaft, daß es nur ein einziges göttliches Gemüt gibt, und daß wir in Wirklichkeit zwar der individuelle doch vereinte Ausdruck dieses Gemütes sind. Ebenso wie Harmonie im geistigen Reich individuell zum Ausdruck kommt, so können auch die einzelnen Mitglieder ihre individuelle Ansicht in einer Kirchensitzung äußern, ohne den Frieden zu gefährden.
Wenn in einer Mitgliederversammlung unser Stolz sich durch die Ablehnung unseres Antrags verletzt fühlt, dann ist der Moment gekommen, sich, klar zu machen, daß das göttliche Gemüt regiert und daß die Herrschaft Gottes von allen erkannt und empfunden wird. Wenn ein Mitglied rasch und impulsiv ist und es scheint, daß seine Ideen einer schnelleren Entfaltung gehemmt werden, dann möge er sich daran erinnern, daß zum Beispiel ein Regiment im Gleichschritt marschieren muß, und daß ein Soldat, der die Reihen verläßt und mit großen Schritten den andern vorauseilt, seinen Kameraden keineswegs von Nutzen sein kann. Der Fortschritt einer Bewegung hängt von der Einigkeit ihrer Mitglieder ab. Oft führt die göttliche Liebe den Impulsiven dazu, in Geduld zu warten, bis auch die andern bereit sind, den von ihm angeregten fortschrittlicheren Standpunkt einzunehmen.
Gutes Einvernehmen bedeutet gute Kameradschaft. Es bedeutet, daß Kopf und Herz in Übereinstimmung arbeiten. Eine Meinungsverschiedenheit über die Auslegung einer Satzung zum Beispiel kann schnell beigelegt werden, wenn das Herz anstelle des Kopfes die Führung übernimmt und die christliche Einigkeit aufrechterhalten bleibt. Es herrscht überall Bedarf an edlem, christlichen Verhalten und geistiger Lebenskraft, die tief empfunden und aufrichtig ist.
Einigkeit wird durch Freundlichkeit charakterisiert. Ein warmer Willkomm beruht nicht nur auf einem Lächeln, sondern er kommt aus dem Herzen. Wenn das Herz das Lächeln formt, dann können echte Wärme und Gastfreundschaft nicht fern sein. Wir haben Grund zur Dankbarkeit, daß die Christliche Wissenschaft uns das Geheimnis wahrer Gemeinschaft offenbart hat. Es ist, unseren Nächsten wie uns selbst zu sehen; ihn zu lieben, weil er als das Kind Gottes vom Vater geliebt wird. Die Annahme von guten und bösen Gemütern verschwindet im Verständnis, daß es nur ein Gemüt gibt und daß dieses Gemüt durch den Menschen ausgedrückt wird.
Glücklich der Tag, an dem wir dem Kirchenhandbuch unwandelbar gehorsam sind. In diesem Gehorsam liegt das Geheimnis des Erfolges. Der tierische Magnetismus hat keine Macht, das Einströmen des Geistes der Pfingsten zu hemmen. Heute ist die Wahrheit mitten unter uns in Wirkung. Sie ist die göttliche Wissenschaft, das Verständnis von Gott und dem Menschen, das vollkommene Prinzip und die Christusidee, wie sie durch die Christliche Wissenschaft ausgedrückt wird.
