Die Welt sieht sich durch besondere Umstände dazu gezwungen, Erziehungsziele und Verfahren einer erneuten Prüfung zu unterziehen. Besonderer Nachdruck wird auf Physik gelegt, auf technisches Wissen, auf Erfindungen und Entdeckungen, die Bezug auf eine völligere Herrschaft über die materielle Umgebung haben. Einer der Hauptpunkte sind menschengemachte Satelliten und die Möglichkeit, bemannte Raketen zu konstruieren, die den Mond erreichen können und darüber hinausgehen.
Einer meiner Freunde machte die Bemerkung: „Die Menschen werden sich nicht glücklicher fühlen, wenn sie die Erde vom Mond oder von einem noch weiter entfernten Planeten sehen können, als wenn sie die Planeten von der Erde aus sehen.“ Was er sagte, ist wahr. Raumschiffahrt ist keine Voraussetzung für Glücklichsein.
Wir haben jedoch guten Grund dafür, nach Herrschaft über die Begrenzungen zu trachten, die uns im Denken oder im Handeln erdgebunden halten. Mary Baker Eddy, die Entdeckerin und Gründerin der Wissenschaft des Christentums, schreibt über zukünftige Herrschaft in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 125): „Der Astronom wird nicht mehr zu den Sternen hinaufschauen — wird von ihnen aus in das Weltall hinausschauen.“
Im nächsten Absatz fährt Mrs. Eddy fort: „So wird es schließlich bewiesen werden, daß die Materie nichts weiter als eine sterbliche Annahme ist, gänzlich unzulänglich, einen Menschen durch ihre vermeintliche organische Tätigkeit oder durch ihr vermeintliches Vorhandensein zu beeinflussen. Man wird sich nicht mehr des Irrtums bedienen, um die Wahrheit zu konstatieren. Das Problem des Nichts oder ,Staub zu Staub' wird gelöst und das sterbliche Gemüt wüste und leer sein, denn die Sterblichkeit wird aufhören, wenn der Mensch sich als Gottes Widerspiegelung erblickt, ebenso wie er seine Widerspiegelung im Spiegel sieht.“
Herrschaft über die Materie deutet auf das Überwinden materieller Begrenzungen hin, wenn das menschliche Bewußtsein zu der Gegenwart der Wahrheit erwacht. Das ist einer der Gründe, weshalb die Menschen fortfahren sollten, wissenschaftlichen Fortschritt auf allen Gebieten menschlichen Strebens zu machen, die das Eingehen der Menschen auf Gottes Gegenwart beweisen.
Eine Tatsache erscheint im ersten Augenblick besonders seltsam, nämlich, daß die Herrschaft des Menschen über Raum und Zeit, über die Begrenzungen des menschlichen Daseins, noch nicht die Bezwingung der Kräfte der Materie bedeutet, so daß diese zum Wohl der Menschheit angewandt werden können. Wahre Herrschaft erscheint in dem Verhältnis, in dem die Menschen den Glauben an die Materie als eine vom sterblichen Denken getrennte Wesenheit aufgeben und alsdann die Denkweise überwinden, die materiell ist.
Ein bekannter Physiker, der mit dem Nobelpreis ausgezeichnet wurde, schrieb kürzlich: „Wir haben die Tatsache entdeckt, daß die Welt nicht den vorgefaßten Meinungen der menschlichen Vernunft entsprechend geschaffen ist.“ In teilweiser Erklärung dieses Punktes sagte er weiter: „Es ist in der Tat bedeutungslos zu versuchen, den Beobachter und den beobachteten Gegenstand voneinander zu trennen, oder überhaupt von einem Gegenstand unabhängig von einem Beobachter zu sprechen.“
Die Materie wird, wie Mrs. Eddy erklärt, schließlich als „nichts weiter als eine sterbliche Annahme“ bewiesen werden, und als „gänzlich unzulänglich, einen Menschen. .. zu beeinflussen“. Sie wird zuletzt durch geistige Substanz ersetzt werden. Die geistige Idee erscheint in dem Verhältnis, in dem der Glaube an die Wirklichkeit der Materie verschwindet.
Es ist bemerkenswert, wie außerordentlich gut Christus Jesus bereits manche jener Dinge vollbrachte, nach denen die Naturwissenschaft von heute trachtet. So überwand er zum Beispiel das Zeitelement auf Reisen, als er augenblicklich an seinem Bestimmungsort war. Er konnte die Gedanken jener lesen, die ihm schaden wollten. Er vermochte eine hungrige Menge zu speisen, als die herkömmlichen Mittel nicht zur Verfügung standen, die angeblich Unheilbaren zu heilen, das Verbrechen im Zaume zu halten und die Sünder umzuwandeln.
Der wichtigste Punkt hierbei ist, daß er all dies nicht durch wundersames Anwenden der sogenannten Kräfte der Materie vollbrachte. Seine Worte und Werke deuten auf seine Erkenntnis hin, daß die Materie und das sterbliche Denken ein und dasselbe sind, und daß dieses Eine in der menschlichen Erfahrung bezwungen wird, wenn Christlichkeit oder das wahre Verständnis von Gott und Seinem Menschen zum Ausdruck gebracht wird. Er sagte (Joh. 6:63): „Der Geist ist's, der da lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze. Die Worte, die ich rede, die sind Geist und sind Leben.“
Die Worte, die er redete, und die Werke, die sie erläuterten, lehrten andere, seine Werke zu tun. Unser Erziehungssystem muß daher ein Verständnis von der Wissenschaft des Christentums entwickeln. Das bedeutet nicht notwendigerweise, daß Religionsunterricht im Klassenzimmer erteilt werden sollte. Es bedeutet jedoch, daß im technischen Studium sowohl wie in allen anderen Wissenszweigen die eine Tatsache immer klarer erfaßt werden sollte, die von grundlegender Wichtigkeit ist, nämlich das geistige Dasein.
Gott ist das göttliche Prinzip des Lebens. Was auch immer in Wahrheit existiert, spiegelt Sein Wesen wider. Und alles wahre Wissen fördert das Verständnis von Gott und die Entfaltung des Bewußtseins, das Gottes Wesen kundtut. Akademische Studien rechter Art sind für dieses Wissen wesentlich. Das heißt, niemand von uns kann die Notwendigkeit für fortgesetztes Studium in der einen oder andern Form umgehen, weil wir die Disziplin, die neuen Ideen, die erweiterten Begriffe, das allgemeine Wachstum und die Ausweitung des Denkens benötigen, die die Folge echten Studiums sind.
Mrs. Eddy erklärt dies auf folgende Art (Wissenschaft und Gesundheit, S. 195):
„Was auch immer den Schein von einer Idee liefert, die von ihrem Prinzip regiert wird, gibt dem Gedanken Nahrung. Durch die Astronomie, Naturgeschichte, Chemie, Musik und Mathematik geht der Gedanke naturgemäß von der Wirkung auf die Ursache zurück.
Akademische Bildung rechter Art ist vonnöten. Beobachtung, Erfindung, Studium und schöpferisches Denken erweitern den Horizont; sie sollten dazu beitragen, daß das sterbliche Gemüt über sich selbst hinaus wachse, über alles, was sterblich ist.“
Ein Ausflug zum Mond wird keine Krankheit heilen, der Welt keinen Frieden bringen, noch die Sehnsucht des menschlichen Denkens nach schmerzlosem Fortschritt befriedigen. Wenn die Menschen jedoch die grundlegende Tatsache besser begreifen und weltweiter anwenden, daß das menschliche Denken und die Materie eins sind, und nicht zwei verschiedene Dinge, so werden sie entdecken, daß der Körper genau so frei ist, zu handeln und sich zu bewegen wie das Denken. Wenn das Denken den Mond oder die Planeten erreichen kann, so kann es auch der Körper. Das hauptsächlichste Bedürfnis unseres Erziehungssystems ist jedoch nicht diese Erkenntnis, sondern das von Gott verliehene Verständnis, das das menschliche Denken berichtigt und es durch das geistige Bewußstsein ersetzt.
Wir müssen Gott verehren, Sein Wesen begreifen lernen, und dann so leben, daß wir dieses Wesen im Denken und Handeln widerspiegeln. Dann wird die Annahme, daß die Materie Wesenheit besitzt, verschwinden, die Sterne und die Planeten werden als hohe und heilige Begriffe erkannt werden, und der Mensch wird sich des himmlischen Guten voll bewußt sein.
