Im allgemeinen wird das Wort „subjektiv“ so aufgefaßt, als beziehe es sich auf das, was durch das individuelle Bewußtsein wahrgenommen wird oder innerhalb desselben besteht, und das Wort „objektiv“ wird so verstanden, als beziehe es sich auf das, was außerhalb unsres Bewußtseins zu sein scheint. Für die materiellen Sinne scheint die Schöpfung aus materiellen Dingen, Personen, Orten und Tätigkeiten außerhalb des Individuums zu bestehen. Doch die Christliche Wissenschaft enthüllt, daß diese sogenannten materiellen Erscheinungsformen als solche nur in dem vorhanden sind, was die Bibel die fleischliche Gesinnung nennt — oder im sterblichen Gemüt, wie die Christliche Wissenschaft es ausdrückt.
In ihrem Werk „Vermischte Schriften“ sagt Mary Baker Eddy (S. 286): „Menschliche Zeugung, Geburt, menschliches Leben und der Tod sind subjektive Zustände des irrenden menschlichen Gemüts. Es sind Phänomene der Sterblichkeit, der Nichtsheit, die veranschaulichen, daß das sterbliche Gemüt und der sterbliche Körper eines, und daß sie weder wirklich noch ewig sind.“
Träume veranschaulichen uns die subjektive Natur des sterblichen Daseins. Ein Schlafender mag träumen, er sei in einem fremden Lande, sehe viele interessante Dinge und begegne vielen Menschen. Das ganze Traumerlebnis ist subjektiv — in des Träumers eigenem Bewußtsein; doch scheint es ihm, als erlebe er es äußerlich — außerhalb seiner selbst. Ein Freund, der sich im gleichen Raum befände, würde von dieser Traumillusion nichts merken, bis der Schläfer ihm nach dem Erwachen davon erzählt.
Mrs. Eddy sagt uns in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ (S. 109): „Die Materie ist nur der subjektive Zustand des sterblichen Gemüts. Die Materie hat in unseren Tagesträumen nicht mehr Substanz und Wirklichkeit als in unseren nächtlichen Träumen. Die Sterblichen erleben unentwegt den Adam-Traum von Gemüt in der Materie, den Traum, der sterblich und von Gott verurteilt und der nicht die geistige Tatsache des Seins ist.“
Ebensowenig wie ein Mensch, der einem Träumenden räumlich nahe ist, dessen Traum erleben noch sich daran beteiligen kann, kann ein Mensch die Krankheit oder Disharmonie eines andern erleben. Im Falle einer anstekkenden Krankheit erkranken nur diejenigen, die die Ansteckung als eine Wirklichkeit ins Bewußtsein eingelassen haben und der Krankheitssuggestion mental erlegen sind.
Wegen der subjektiven oder mentalen Natur des gesamten menschlichen Daseins ist es wichtig, daß der Mensch ein klares Verständnis seiner wahren Wesenheit erlangt, wie die Christliche Wissenschaft sie offenbart. Diese Wissenschaft enthüllt, daß Gott der Geist ist, die Ursache oder das Prinzip allen wahren Seins. Wir müssen daraus also die Schlußfolgerung ziehen, daß die gesamte Schöpfung geistig und das wahre Dasein subjektiv ist, und stets im Reich des Geistes — oder im göttlichen Gemüt — existiert.
Daher ist dies vollkommene Gemüt, da es das einzige Gemüt ist, das Gemüt alles dessen, was tatsächlich existiert, und die ganze Schöpfung schließt die Gesamtsumme der Ideen, die im göttlichen Gemüt vorhanden sind, in sich. In Wirklichkeit gibt es also überhaupt kein sterbliches oder fleischliches Gemüt, das die Materie oder eine materielle Schöpfung erdenken oder wahrnehmen könnte.
Aus diesen grundlegenden Tatsachen geht klar hervor, daß jeder materielle Umstand, jeder sogenannte vergängliche Gegenstand, nichts als eine irrige Annahme ist, ein Traumgebilde, das im göttlichen Gemüt nicht existiert und nur in der Traumwelt der Sterblichkeit — oder des Nichts — erscheint.
Wenn das menschliche Bewußtsein durch das Aufnehmen der Offenbarungen der Christlichen Wissenschaft herangebildet wird, dann wird es seine irrigen Annahmen vom Dasein aufgeben und umgestaltet werden; das heißt, es wird den geistigen Begriff vom Dasein anerkennen und aufnehmen — die Wahrheit von der geistigen Wesenheit im göttlichen Gemüt — und das Individuum wird bessere Begriffe von Körper, Gesundheit, Erfolg, Sicherheit und Wohlergehen erlangen.
Das Erlebnis, das Moses in der Wüste die Natur Gottes offenbarte, veranschaulicht auf interessante Weise die subjektive Natur des menschlichen Daseins. Nachdem Moses aus Ägypten geflohen war, lebte er einige Zeit in der Wüste und erhielt dort Lektionen über das menschliche Leben.
Als sein Denken schließlich so geläutert war, daß es geistig empfänglicher wurde, stand er vor dem brennenden Busch. Dann empfing er die Offenbarung von Gott als dem großen ICH BIN, und auf göttliche Weisung hin entschloß er sich, zurückzukehren zu seinem Volk in Ägypten und es aus der Sklaverei zu führen.
Während all dieser geistigen Erfahrungen sprach die innere Stimme der Weisheit zu Moses. Das Wort der Wahrheit — oder der Christus — spricht zum menschlichen Bewußtsein und führt jedes empfängliche Individuum auf seiner Reise vom materiellen Sinn zu dem Verständnis und der Demonstration des Lebens im Geist, im göttlichen Gemüt.
Christus Jesus, der Meister-Christ, verwarf restlos die irrige Annahme, daß Leben in der Materie vorhanden sei, daß es also getrennt von der Mentalität des Individuums existiere. Er sagte (Joh. 6:63): „Der Geist ist's, der da lebendig macht; das Fleisch ist nichts nütze.“
Johannes, der geliebte Jünger des Meisters, erlangte während seines Aufenthalts auf der Insel Patmos durch die geistige Erleuchtung seines Denkens ein gewisses Verständnis von der subjektiven Natur allen Daseins. In subjektivem Erleben, in welchem er jeden Sinn für die Fälschung, die sogenannte materielle Schöpfung, verlor, erblickte er einen neuen Himmel und eine neue Erde.
Wir wollen daran festhalten, daß das materielle Weltall nichts als der irrige Begriff des trügerischen sterblichen — oder fleischlichen — Gemüts ist. Laßt uns also darum beten, daß wir jenen geistig erleuchteten Bewußtseinszustand erlangen, in welchem der neue Himmel und die neue Erde erscheinen, als Gottes immer-gegenwärtiges Universum geistiger Ideen, die auf ewig in der Sicherheit des Geistes, des göttlichen Gemüts, verweilen.
