Um mit Inspiration in der christlich-wissenschaftlichen Sonntagsschule lehren zu können, muß man Liebe zur Christlichen Wissenschaft, zu den Kindern und zum Unterrichten haben. Diese Liebe verleiht einem die Fähigkeit, des Menschen wirkliches Dasein als Gottes Kind — in und vom göttlichen Prinzip — ans Licht zu bringen. Lehren soll das offenbaren, was schon besteht.
Ein kleines Mädchen, das eben neu in eine Sonntagsschule der Christlichen Wissenschaft eingetreten war, muß die Verwirklichung dieser Liebe in ihrer ganzen Wärme und Schönheit empfunden haben, denn als es aus seiner ersten Sonntagsschulstunde heimkam, rief es seiner Mutter zu: „Ach Mutti, meine Lehrerin ist so wunderschön; alle Lehrer sind wunderschön!“
Die akademische Ausbildung scheint heute in einer Gärung begriffen zu sein, da sie ja auf wechselvollen Theorien und schnell veränderlichen Werten beruht. Doch die Christliche Wissenschaft, die sich auf e i n unwandelbares Prinzip grüdet, ändert sich nicht, und die Methoden und geistigen Eigenschaften, die für ihr inspiriertes Lehren erforderlich sind, sind heute noch dieselben wie in Christi Jesu Tagen.
Der Apostel Paulus, jener große Lehrer des jungen Timotheus, legt seinem Schüler in seinem ersten Brief Zweck und Ziel geistiger Bildung dar: „Die Hauptsumme des Gebotes ist Liebe von reinem Herzen und von gutem Gewissen und von ungefärbtem Glauben“ (1. Tim. 1:5). Wie könnte unsere Zielsetzung beim Unterricht in der Sonntagsschule klarer definiert werden? Die Probleme der jungen Menschen unserer Zeit sind dieselben wie in den Tagen des Paulus. Sie sind nicht materieller, sondern ethischer, intellektueller und geistiger Natur, und es ist herzerquickend, einen unserer größten Pädagogen auf dem akademischen Gebiet äußern zu hören, daß Weisheit und Güte der Endzweck aller Bildung seien.
Lehren bedeutet also nicht nur ein Vermitteln von Kentnissen oder das Auswendiglernen von Formeln; Vorlesungen halten oder Hausaufgaben abhören ist kein Lehren. Christliche Bildung, wie Paulus sie verstand, ist nicht eine Anhäufung von Wissensstoff, sondern die Entfaltung geistigen Verständnisses. Dementsprechend sollte das Lehren der Christlichen Wissenschaft schlafende geistige Kräfte entfalten. Es erreicht das Fühlen und Denken, so daß das Kind anfängt, die Christliche Wissenschaft zu schätzen und daran zu glauben, daß auch in seinem eigenen Falle alles demonstriert werden kann; es bringt den Schüler dahin, die Wirklichkeit seines Seins in der göttlichen Wissenschaft zu verstehen, die geistigen Eigenschaften, die er durch Widerspiegelung besitzt, zu erkennen und zu demonstrieren. Und das Kind wird dieses Lehren annehmen, wenn es merkt, daß seine Bedürfnisse dadurch gestillt werden. Es wird zudem erkennen, daß es als eine Idee im göttlichen Gemüt nicht von dem Prinzip, auf dem es fußt, getrennt, losgerissen noch weggelockt werden kann.
Nächst Jesus war wohl Paulus der größte Lehrer der geistigen Wahrheit, dessen Methoden in der Bibel dargelegt sind, damit wir sie studieren können. Das Lehren des Paulus war logisch und konsequent; er seihte nicht Mükken, um dann Kamele zu verschlucken. Er gab bestimmte Anweisungen für die Handhabung des Bösen durch die Aufdeckung und Vernichtung seiner Ansprüche. (Siehe 1. und 2. Timotheus.) Bei Timotheus wandte er die Methode an, die unsere Führerin, Mary Baker Eddy, so umfassend darlegt in ihrem Werk „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ (Die Erste Kirche Christi, Wissenschafter, und Verschiedenes, S. 235): „Die zärtliche Mutter, die sich, von Liebe geleitet, auf ihr natürliches Gefühl verläßt und an den gebieterischen Gesetzen der Wissenschaft festhält, fragt sich:, Kann ich mein Kind richtig rechnen lehren, ohne jemals eine Null zu erwähnen?‘ Da sie weiß, daß man dies beim Rechnen nicht kann, sollte sie wissen, daß es auch in der Metaphysik nicht geht; und so sollte sie den Irrtum mit Bestimmtheit beim Namen nennen, ihn aufdecken und die Wahrheit wissenschaftlich lehren.“
Mit großem Gewinn können sowohl die Sonntagsschullehrer wie auch die Schüler den Rat und die Unterweisung studieren, die in den Briefen des Paulus an den jungen Timotheus enthalten sind, und die individuelles Verhalten und Wachstum sowie auch Regeln für christliches Verhalten bei der Kirchentätigkeit betreffen. Wir sehen, wie liebevoll er an seinen Schüler herantritt, wenn er ihn „meinen lieben Sohn“ nennt (2. Tim. 1:2) und ihn mit ermutigenden Worten ermuntert, sich nützlich zu machen (1. Tim. 4:12): „Niemand verachte deine Jugend; sondern sei ein Vorbild den Gläubigen im Wort, im Wandel, in der Liebe, im Geist, im Glauben, in der Keuschheit.“ Trotzdem hatte das Lehren des Apostels niemals einen unangenehmen Beigeschmack von Herablassung, denn wir sehen ihn in tiefer Demut auf seine eigenen Jugendsünden der Gotteslästerung, Verfolgung und Ehrenkränkung hinweisen.
Auf diese Weise den Schüler zu ermutigen, sein eigenes richtiges Denken zu respektieren, weil es vom göttlichen Gemüt ausgeht, ist einer der wichtigsten Punkte beim Unterrichten in der Sonntagsschule.
Unser großer Meister Christus Jesus lehrte seine Schüler häufig durch Gleichnisse — kurze, anschauliche Geschichten, ihrem eigenen täglichen Leben entnommen: zu Landleuten sprach er von Sämann und Samen, von Unkraut und Weizen; zu Handelsleuten sprach er von Kaufleuten, die köstliche Perlen kauften. Und dieses Lehren durch Erzählungen war immer einfach, so daß sie es gut verstehen konnten; doch es war stets interessant, lebendig und praktisch verwertbar. Alle seine Handlungen standen im Einklang mit dem Glauben, den er lehrte; seine Kirche und Religion kamen in seinem täglichen Leben voll zum Ausdruck. Wenn Jesus lehrte, bewies er stets sein Lehren durch Heilen, und wenn er heilte, so war die Heilung immer von einer Lektion begleitet.
Im Lehrbuch der Christlichen Wissenschaft, „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“ (S. 117) schreibt unsere Führerin folgendes über Jesu Art zu lehren: „Als ein göttlicher Schüler entfaltete er Gott vor dem Menschen, indem er Leben und Wahrheit an sich selbst, sowie durch seine Macht über die Kranken und Sündigen veranschaulichte und demonstrierte.“ In ähnlicher Weise sollte der Unterricht in der Sonntagsschule die Kinder schon frühzeitig auf die Möglichkeit, ja die Notwendigkeit hinweisen, die Wahrheiten der Christlichen Wissenschaft in jedem Gedanken und bei allem Tun praktisch anzuwenden, damit sie die Christliche Wissenschaft tatsächlich als die Grundlage für ihr innerstes Denken in sich aufnehmen können.
Das Lehren besteht aus Beispiel sowohl wie aus Unterweisung. Vielleicht vermögen die Lehrer nicht, einem Kinde Weisheit zu übermitteln; doch können sie ihm auf jeden Fall etwas von ihrer Herzensgüte, ihrem Glauben und ihrem Beispiel abgeben. Jugendliche Weltklugheit fällt vor der Aufrichtigkeit in sich zusammen. In unserem Bemühen, Jesu Beispiel nachzueifern, müssen wir wie er Anspruch erheben auf das eine Gemüt; wir müssen die Wahrheit lieben und ihr gemäß leben.
Unsere eigene Freude und Inspiration wird unsere Lehrweise davor bewahren, eintönig und langweilig zu werden, und wird sie lebendig und praktisch erhalten. Wir können beweisen, daß die Bibel und „Wissenschaft und Gesundheit“ inspiriert sind, dadurch daß wir inspiriert sind, wenn wir aus ihnen lehren.
Kinder aus christlich-wissenschaftlichen Familien haben den Vorteil, diesen Unterricht schon frühzeitig zu empfangen, wodurch ihr Glaube auf das Geistige gerichtet wird, so daß sie frei von den Lehren einer falschen Theologie und materieller Medizin aufwachsen können. Sie brauchen keine Schläuche zu entleeren, die schon voll sind. Wir denken gerne über Mrs. Eddys wunderbare Worte in „Pulpit and Press“ (Kanzel und Presse, S. 9) nach, die bleibenden Segen und eine dauernde Inspiration für die Kinder bedeuten: „O Kinder, ihr seid die Bollwerke der Freiheit, der Zement der menschlichen Gesellschaft, die Hoffnung unsres Geschlechts!“
Doch sollten wir dessen eingedenk bleiben, daß die Christliche Wissenschaft nicht ererbt werden kann, sondern von jedem einzelnen aufs neue demonstriert werden muß; und daß jene Worte auf die Verpflichtung zu Standhaftigkeit und Beharrlichkeit in der Wahrheit hinweisen, wodurch der einzelne befähigt werden wird, den besten Gebrauch von seiner günstigen Ausgangsstellung dadurch zu machen, daß er auf der Grundlage, die ihm in frühester Jugend zuteil wurde, einen angemessenen geistigen Bau seiner eigenen Demonstration errichtet. Als Jesus seinen Zuhörern sagte, daß sie durch das Festhalten an seinem Wort frei werden würden, antworteten sie ihm (Joh. 8:33): „Wir sind Abrahams Samen, sind niemals jemandes Knechte gewesen; wie sprichst du denn:, Ihr sollt frei werden'?“ Auf ihren Anspruch, daß Abraham ihr Vater sei, erwiderte Jesus: „Wenn ihr Abrahams Kinder wäret, so tätet ihr Abrahams Werke.“
Folgende Worte des Paulus an Timotheus könnten wohl den Lehrern wie auch den Schülern gelten: „Um solcher Ursache willen erinnere ich dich, daß du erweckest die Gabe Gottes, die in dir ist durch die Auflegung meiner Hände“ (2. Tim. 1:6). Bleibendes Interesse für die Christliche Wissenschaft und bleibende Liebe zu ihr in den Schülern zu erwecken, durch ihr eigenes wachsendes Verständnis ihrer Größe und ihrer allmächtigen Kraft zum Guten, unter der Inspiration der Liebe, die der Lehrer selbst für die Christliche Wissenschaft empfindet, wie auch durch seine tiefe Überzeugung von ihrer Wahrheit — bedeutet in der Tat, ein großes Werk zu vollbringen!
