Christus Jesus, jener große Freund der Menschheit, drückte beständig Freundschaft aus, in jedem Gedanken und in jeder Handlung. Seine Freundschaft überwand die Grenzen von Zeit und Raum. Wahre Freundschaft hat stets Menschen geheilt, gespeist und ihnen geholfen, wie es die geschriebenen Berichte zeigen. Jesus drückte Freundschaft aus, als er die Menge speiste, als er den Aussätzigen die Gesundheit, den Blinden das Gesicht und dem Sohn der Witwe das Leben wiedergab. Weise gab er dem empfänglichen Gedanken, der die Perle nicht unter die Füße trat.
Die Freundschaft Jesu war ein weit offener Weg, auf dem sich die im Überfluß vorhandenen Gedanken des Guten bewegten. Mit liebreichem Verstehen nahm er die Gastfreundschaft des Zöllners an und bei dem Fest die Reue der Frau, die von hinten zu ihm trat, um seine Füße mit kostbarem Öl zu salben.
Mary Baker Eddy, die eine treue Anhängerin des Meisters war, drückte ihr ganzes Leben lang warme Freundschaft für alle aus. Sie empfing keine Dienstleistung, für die sie nicht sogleich die rechte Würdigung zeigte, kein Geschenk, über das sie nicht ihre Freude ausdrückte, und besonders für den Geist, der das Geben veranlaßte.
Eine Anhängerin der Christlichen Wissenschaft, die jahrelang ein reiches, tätiges Leben geführt und täglich mit interessanten Menschen zusammengearbeitet hatte, zog an einen anderen Ort, wo ihr Leben ein leeres Blatt zu sein schien, ohne persönliche Freunde. Sie hatte ihre vielen Freunde und Bekanntschaften als selbstverständlich angenommen und geglaubt, daß sie stets Freunde haben würde, wo immer sie auch sein würde. Sie war sich noch nicht klar darüber geworden, daß Freundschaft geistig demonstriert werden muß. Dann stieß sie auf Mrs. Eddys Worte in „Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift“, wo sie fragt (S. 266): „Wäre das Dasein ohne persönliche Freunde ein leeres Blatt für dich?“ Und wo sie noch hinzufügt: „Dann wird die Zeit kommen, da du einsam sein und des Mitgefühls entbehren wirst.“
Als die Christliche Wissenschafterin den Abschnitt aus „Wissenschaft und Gesundheit“ weiterlas, fand sie, daß der nächste Satz großen Trost enthielt. Da heißt es: „Aber diese scheinbare Leere ist bereits von der göttlichen Liebe erfüllt.“ Im folgenden Satz: „Wenn diese Stunde der Entwicklung kommt, wird die geistige Liebe dich zwingen, selbst wenn du dich an einen Sinn persönlicher Freuden klammerst, das anzunehmen, was deinem Wachstum am förderlichsten ist“, schien das Wort „persönlich“ besonders hervorzuragen.
Als sie weiter die Bibel und „Wissenschaft und Gesundheit“ studierte, entfalteten sich ihr grundlegende Tatsachen in bezug auf Freundschaft. Sie erkannte, daß Freundschaft eine geistige Idee ist. Als geistige Idee konnte sie jedem gegenüber, den sie traf, ausgedrückt werden, durch das Hegen freudiger Würdigung des Guten und freudiger Erwartung desselben. Als sie täglich Wohlwollen ausdrückte, wurden ihr zahllose, beglückende Zeichen der Freundlichkeit erwiesen. Das kleine Kind des Nachbars wartete auf ihr Vorbeikommen und lief ihr freudig entgegen. Der Omnibusfahrer hielt lächelnd den Bus für sie an und war ihr behilflich bei ihren Paketen. Einige Nachbarn besuchten sie, um ihr Blumen zu bringen, und freudiges Wirken entfaltete sich ihr.
Der Begriff von Freundschaft als geistiger Idee ist das gerade Gegenteil von dem weltlichen Gedanken, daß Freundschaft etwas Persönliches sei. Wahre Freundschaft schließt nicht nur gewisse Mitarbeiter ein, sondern umschließt die ganze Menschheit. Wie der Sonnenschein gibt sie Licht, Wärme und Freude durch ihre bloße Gegenwart.
Freundschaft hegt keine Feindschaft, noch Zorn oder Groll. Sie löst Schüchternheit auf und umfaßt alles mit ihrer liebenden Wärme. An Stelle von Kritik und Klagen setzt sie Wertschätzung. Kein kühler Austausch von Geschenken und Einladungen, kein Pflegen von „guten Beziehungen“, keine weltliche Berücksichtigung von gesellschaftlicher Stellung, von Klubmitgliedschaft, Eigentumsbesitz, besonderer Bildung, von Rasse oder Nationalität begrenzen den Ausdruck geistiger Freundschaft. Da wahre Freundschaft geistig ist, ist es klar, daß derjenige, der ein Freund sein möchte, seine Gedanken bewacht, um sie freundlich, vertrauenswürdig, treu und ehrlich zu halten, in Übereinstimmung mit wahrer Freundschaft.
Als Mrs. Eddy den engen Zusammenhang von Dankbarkeit und Freundschaft erkannte, fragt sie in ihrem Artikel über „Treue“ in ihrem Werk „Vermischte Schriften“ (S. 339): „Hast du einen Freund und vergissest dankbar zu sein?“ Der Anhänger der Christlichen Wissenschaft hat zahlreiche Gelegenheiten, täglich freundliche Dankbarkeit auszudrükken. Eine dieser Gelegenheiten, die oft vergessen wird, ist das Ausdrücken des Dankes durch Wort oder Brief für die Dienste und Erzeugnisse derjenigen, die im Christian Science Monitor inserieren. Viele schöne Freundschaften sind gerade durch solche Ausdrücke freundlicher Dankbarkeit entstanden. Das liebevolle, freundliche Herz strömt unparteiisch Dankbarkeit aus.
Freundschaft erweitert sich, wenn Gott, die göttliche, allumfassende Liebe, widergespiegelt wird. Die Liebe füllt jede scheinbare Leere aus. Kein Verlust oder Mangel kann da existieren, wo die Liebe ihre Segnungen ausströmt. Nur wenn man die Allheit Gottes, des Guten, leugnet, kann sich die scheinbare Leere der Freundlosigkeit bemerkbar machen. Wenn jemand Gott bewußt widerspiegelt durch Freundlichkeit, Dankbarkeit, Freude und Verständnis, öffnen sich die Kanäle für die Liebe, damit diese mit der Fülle des Guten hineinströmen kann.
Da die Liebe allumfassend und ewig ist, ist sie immer gegenwärtig. Spaltungen, Feinde, leeres Geschwätz, Verleumdung oder Mißverständnis können nicht existieren, wo die wahre Idee von Freundschaft und von brüderlicher Liebe, die von der göttlichen Liebe herrührt, die Herrschaft hat. „Ihr Lieben,“ sagt Johannes (1. Joh. 4:7), „lasset uns untereinander liebhaben; denn die Liebe ist von Gott, und wer liebhat, der ist von Gott geboren und kennt Gott.“
Allen, denen ein Leben ohne persönliche Freunde ein leeres Blatt zu sein scheint, gibt Mrs. Eddy eine unfehlbare Antwort, wenn sie schreibt (Wissenschaft und Gesundheit, S. 266): „Allumfassende Liebe ist der göttliche Weg in der Christlichen Wissenschaft.“ Jede Stunde und jede Tätigkeit bietet Gelegenheit, diese Wahrheit zu beweisen. Man kann damit anfangen, sich selbst ein Freund zu sein. Wir können uns logischerweise nicht selbst mißachten und gleichzeitig die Eigenschaften Gottes, die sich in unserm Bewußtsein kundtun, achten. Wir sollten das Gute in uns hegen und stärken. Dann können wir im Bewußtsein aufrichtig alle Kinder Gottes in freudiger Liebe umfangen und Gott danken für die geistige Idee der Freundschaft, welche der Mensch, als Gottes Gleichnis, in sich schließt.
