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Des Königs Rüstung

Aus der November 1917-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Geschichte von David und Goliath, besonders die Art und Weise, wie sich David rüstete, sowie die Einfachheit seiner Angriffsart hat sich für die Verfasserin dieses Artikels als eine Quelle manch ermutigender Gedanken erwiesen. Der Ausblick auf den Kampfplatz erfüllt die Sterblichen mit solcher Furcht, daß sie sich instinktiv alles zueigen machen möchten, was ihrer Ansicht nach andre beschützt hat. Nur zu oft übersehen sie die Tatsache, daß sich diese andern ihre Rüstung selber verdient und sie erprobt haben und sich deshalb vertrauensvoll aus sie verlassen können.

Wie wir lesen, erbot sich Saul, dem David seine Rüstung zu leihen—seinen ehernen Helm und seinen Panzer. Diese hatten ihm in seinen Kämpfen gute Dienste geleistet; aber dem David erwiesen sie sich als ein großes Hindernis. „Ich kann nicht also gehen, denn ich bin's nicht gewohnet,” sagte er, und legte die Rüstung wieder ab. Dann nahm er „seinen Stab in seine Hand und erwählte fünf glatte Steine aus dem Bach und tat sie in die Hirtentasche, die er hatte, und in den Sack und nahm die Schleuder in seine Hand und machte sich zu dem Philister.”

Wenden wir nun diese Lehre auf unser Alltagsleben an. Würden nicht viele von uns den Gegner eher besiegen, wenn wir das wenige, was wir vom Prinzip verstehen (sei es auch nicht mehr als ein paar Steine, die wir am Ufer unsrer geistigen Erfahrung aufgelesen haben), praktisch betätigten, anstatt zum König zu stürzen, um dessen Rüstung zu borgen, mit andern Worten, anstatt mit einem Verständnis arbeiten zu wollen, das sich andre angeeignet haben und das sich ihnen als undurchdringlich erwiesen hat? Mit der Zeit werden wir auch so weit kommen, daß wir diese beschützenden Wahrheitsbekräftigungen mit Erfolg anwenden können, und zwar dann, wenn wir sie verstehen und sie uns zu eigen gemacht haben. Auf der derzeitigen Stufe der Entwicklung aber mögen sie sich als ebenso nutzlos erweisen wie des Königs Rüstung für David. Auf Seite 238 von Wissenschaft und Gesundheit lesen wir: „Ungenützte Gelegenheiten werden uns zum Vorwurf werden, wenn wir die Segnungen einer Erfahrung, die wir nicht selbst gemacht haben, für uns in Anspruch nehmen wollen, wenn wir zu ernten suchen, was wir nicht gesät haben, und in unrechtmäßiger Weise in die Arbeiten andrer eintreten möchten.”

Schreiberin dieses erinnert sich der Zeit, wo ein wahrer Riese von einem Philister mit Schwert, Spieß und Schild vor ihr stand und sie zum Kampfe herausforderte. Halb starr vor Furcht klammerte sie sich an jedes Wort der Ermutigung, daß sie aus andern herausbringen konnte. Sie suchte zu ermitteln, wie andre im Kampfe mit einem solchen Gegner vorgegangen seien, ob dieses oder jenes schützende Gesetz ihn bezwungen habe. Aber ihr besonderer Philister hielt Stand und bereitete sich zum entscheidenden Hieb vor. Als sie zuletzt geradezu krank geworden war vor Furcht und Zweifel, und nachdem sie stundenlang, ja tagelang die ermutigenden Worte des Praktikers und der Freunde wiederholt hatte, bückte sie sich unbewußt und zitternden und zagenden Herzens und hob aus dem Bach der Liebe einen unansehnlichen Stein auf. Aus dem Wirrwarr hochklingender Bekräftigungen, mit denen ihr Bewußtsein seit Tagen beschäftigt gewesen, löste sich der einfache Gedanke: Wenn das Gute nicht allerhaben wäre, so dürfte man sich ja nicht einmal auf die Straße wagen!

Hier war etwas, was man verstehen konnte—eine einfache Tatsache. Und doch wie wunderbar in ihrer Entfaltung! Wo war die prahlerische Macht des Bösen? Wenn es das Leben zerstören oder ein solch überwältigendes Furchtgefühl erzeugen kann, warum hat es seinen Todesstreich nicht schon früher ausgeführt und damit der Sache ein Ende gemacht? Wird nicht die gleiche Hand, die bisher deine zagenden Schritte auf dem Lebenspfad sicher geführt hat, dich auch fernerhin leiten, beschützen und erhalten? Gewiß! Und so kam es, daß dieser kleine, von der Schleuder des Glaubens abgesandte Stein der Wahrheit den Philister niederwarf, ihn überwand. Die Siegerin aber frohlockte und war gestärkt in ihrem Glauben. Zu ihren Füßen lag der Irrtum—das von dem Schwert der Wahrheit durchbohrte Phantom von einem Feind.

David hatte nichts weiter nötig als das klare Bewußtsein, daß er „im Namen des Herrn Zebaoth, des Gottes des Heers Israels” kämpfte. Und mehr hat auch der Christliche Wissenschafter nicht nötig, um den Sieg über das Böse zu erlangen. Wenn wir uns klar bewußt sind, daß Gott zu jeder Zeit bei uns ist, ob wir unsrer gewöhnlichen Arbeit nachgehen oder sonstwie tätig sind, so haben wir in unsrer Tasche die „fünf glatten Steine,” mit denen wir eine Schar von Philistern überwinden können. Die Bibel und das christlich-wissenschaftliche Lehrbuch, Wissenschaft und Gesundheit mit Schlüssel zur Heiligen Schrift, liefern uns diese Steine, und unerschütterliches Vertrauen auf die Wahrheit ist unser Stab.

Wie David „seinen Stab in seine Hand” nahm, so müssen auch wir den unsern stets bei uns haben. Die Hirtentasche zeugt von Einfachheit und Demut. Nichts von Pomp oder prahlerischer Kraftäußerung war da zu sehen; ja etwas Unansehnlicheres oder Anspruchsloseres kann man sich kaum vorstellen. Wir müssen also mit Demut und kindlichem Vertrauen ausgerüstet zu Felde ziehen, müssen das leiseste Gefühl des Stolzes und des Eigendünkels aus unserm Bewußtsein ausmerzen, müssen bereit sein, das geringste Verständnis von der Wahrheit, das wir wahrhaft unser eigen nennen können, in Anwendung zu bringen, ohne die Rüstung eines andern tragen zu wollen, sei sie noch so blink und blank.

David „nahm die Schleuder in seine Hand.” Vorsichtig ging er seinem Feind entgegen, bereit, von seiner Waffe Gebrauch zu machen, den Anschlägen des Riesen vorzubeugen und schnell und entschlossen den entscheidenden Schlag auszuführen. Wenn wir uns zu jeder Zeit unsern Philister fernhalten wollen, müssen wir unsre Schleuder—unser Verständnis von der Wahrheit—stets in der Hand haben, damit wir bereit seien, den Goliath, der uns so gerne den Weg versperrt, zu vernichten.

Und David „machte sich zu dem Philister.” Ist dieses Vorgehen gegen den eingebildeten Feind nicht gerade das, wovor uns am meisten bangt? Solange wir einem Problem, das uns besonders schwierig vorkommt, ausweichen können, hoffen wir immer, daß es auf irgendeine Weise ohne unsre besondere Anstrengung zur Lösung kommen werde. Das „Morgen” war von jeher die Ausflucht des sterblichen Gemüts. Wenn es auf dieses Gemüt ankäme, so wäre der Angriff auf den Feind gar nicht nötig. David sah keinen Grund zum Zögern. Er hatte seinen Stab, seine fünf glatten Steine und seine Schleuder. Und so machte er sich denn an den Riesen und bewies, daß dieser trotz alles Machtaufwandes, trotz seines Prahlens und seiner schreckenerregenden Erscheinung, trotz seines Schwertes, Speeres und Schildes den erprobten und bewährten Waffen gegenüber machtlos war. Diese Erfahrung werden auch wir machen im Kampf mit unserm Philister, in welcher Gestalt er sich uns nahen möge. Unser Hauptbedürfnis ist, uns auf unsre Gotteserkenntnis zu verlassen und sie zu erproben. David besiegte erst den Löwen und den Bären, und dann erst nahm er den Kampf mit den Philistern auf.

Unsre geliebte Führerin schreibt auf Seite 252 von The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany: „Der volle Zweck wahrer Erziehung besteht nicht nur darin, daß man die Wahrheit erkennt, sondern daß man sie auch im Leben anwendet—daß man Freude am Rechttun findet, daß man nicht nur arbeitet solange die Sonne scheint, und davonläuft, wenn es stürmt, sondern daß man trotz der Wolken des Unrechts, der Ungerechtigkeit, des Neides und des Hasses auf seinem Posten bleibt und auf Gott, den mächtigen Erretter, vertraut, der Rechtschaffenheit belohnt und Unrecht bestraft.”

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