Hinter jeder richtigen Tätigkeit der Kirche Christi, der Scientisten, liegt eine geistige Idee, die erkannt und demonstriert werden muß. Durch eine Geschäftsversammlung, in der die vollkommene göttliche Intelligenz verstanden und nutzbar gemacht wird, kommt eine solche Idee zum Ausdruck. Viele menschliche Schritte sind nötig, ehe diese Vollkommenheit erlangt ist. Es dürste von Nutzen sein, auf einige derselben hinzuweisen. Vor allem sei die Frage in Betracht gezogen, wie sich ein Mitglied einer Zweig-Kirche zur Geschäftsversammlung verhalten soll.
Keine Abteilung der Kirchenarbeit fordert vom einzelnen Mitglied ein umfassenderes und regeres Demonstrieren als die Geschäftsversammlung. In diesen Versammlungen wird von einem jeden erwartet, daß er sein Vertrauen vollständig auf das göttliche Prinzip setze und sich auf dasselbe stütze. Hier bietet sich ihm Gelegenheit, sein Verständnis von Gottes Herrschaft und ihren Einfluß aus seine Gedanken und Worte zu beweisen. Jedes Mitglied sollte erkennen, wie wichtig seine Anwesenheit bei diesen Versammlungen ist, da diese nicht nur wunderbare Gelegenheiten für persönliches Wachstum bieten, sondern auch sehr zum Fortschritt unsrer Sache als Ganzes beitragen. Welches Mitglied einer Familie würde von einer Zusammenkunft fernbleiben, wo Dinge erörtert werden, die für das Wohl der Familie wesentlich sind? Wie viel mehr sollten sich die Mitglieder einer Zweig-Kirche freuen und glücklich preisen, in Fragen, die für unsre Zeit so sehr wichtig sind, mitreden zu dürfen.
Jeder rege Christliche Wissenschafter wird die Notwendigkeit erkennen, besondere mentale Arbeit zu tun, ehe er zu einer Geschäftsversammlung seiner Kirche geht, denn wie könnte er sonst mit „dem Harnisch Gottes” gerüstet sein und sein Denken auf das Prinzip richten, damit die Irrtümer des sterblichen Gemüts—Eigenwille, Stolz, Ungeduld, Unduldsamkeit, Unkenntnis usw.—ihn nicht beherrschen mögen. Wenn die Christliche Wissenschaft die Sterblichen erreicht, findet sie sie in mentalen Zuständen aller Art, und die Geschäftsversammlung einer Kirche Christi, der Scientisten, besteht, vom relativen Standpunkt aus betrachtet, aus sterblichen Gemütern, die sich auf ebensovielen Stufen des Fortschritts befinden, wie es anwesende Personen gibt, und von denen noch keines Weisheit, Intelligenz und Liebe vollkommen demonstriert hat. Daher bietet sich eine günstige Gelegenheit zur Demonstrierung dessen, was Mrs. Eddy als „Übergangseigenschaften” bezeichnet, nämlich „Menschlichkeit, Ehrlichkeit, Herzenswärme, Erbarmen, Hoffnung, Glauben, Sanftmut, Mäßigkeit” (Wissenschaft und Gesundheit, S. 115). Könnten wir gegenwärtig bei unsrer Tätigkeit ein besseres Vorbild haben als eben diese mentalen Eigenschaften?
Wenn jedes Mitglied erkennt, daß die Mitglieder als Ganzes ein Teil der Gottesfamilie auf Erden sind, und daß diese Mitglieder die heilige Pflicht haben, zu beweisen, daß sie in Liebe beieinander sein können, indem jeder so viel von diesen Christus-Eigenschaften zum Ausdruck bringt wie er gegenwärtig vermag, so gestalten sich die Geschäftsversammlungen zu erfreulichen und liebevollen Zusammenkünften, zu Zeiten der Erquickung und des Wachstums für jedes einzelne Mitglied. Und für unsre Sache entsteht dadurch ein unschätzbarer Vorteil.
Nimmt ein Mitglied der Geschäftsversammlung gegenüber den Standpunkt ein, daß das göttliche Prinzip, Gott, derjenige ist, der richtig zu regieren versteht, daß das Prinzip bereits alle Probleme gelöst hat, und daß der Glaube an Gottes Gegenwart, Macht und Liebe die Lösung herbeiführen wird, die unter den herrschenden Umständen die beste ist—dann wird es klar erkennen, daß man nicht hartnäckig an seiner eignen Ansicht festzuhalten braucht. Wohl hat jeder ein Recht auf seinen höchsten Begriff von Weisheit und Intelligenz, und er sollte diese Eigenschaften ohne Vorbehalt zum Ausdruck bringen; wenn man aber weitergeht und an der eignen Ansicht festhält, als käme sie vor allen andern von Gott, so gibt das leicht der Eigenliebe, dem Eigenwillen und der Unwissenheit Vorschub, und die Herrschaft Gottes kommt dann scheinbar nicht zur Geltung.
Das Vertrauen, daß das Prinzip gegenwärtig ist und aus dem, was bisweilen nur eine zusammengewürfelte Masse von sterblichen Annahmen zu sein scheint, das herauszuarbeiten vermag, was allen zum besten dient—dieses Vertrauen befähigt einen, sich ein Gefühl der Ruhe und des Friedens zu wahren, mögen zeitweilig noch so viele verschiedene Ansichten zutagetreten. Da Gott alles gut macht, so muß das Vertrauen auf die göttliche Leitung zu richtigen Ergebnissen führen. Wem das Wohl der Sache am Herzen liegt, der wird alle persönlichen Ansichten ruhig in Gottes Wagschale legen, in der Erkenntnis, daß alles, was der Idee Gottes, des Guten, nahekommt, veredelte Gestalt annehmen wird: und ist an der eignen Ansicht nichts Gutes, wird ein ehrlicher Mensch nur froh sein, sie möglichst schnell beseitigt zu sehen.
Wenn sämtliche Mitglieder die Jahresversammlung mit so starkem Glauben an Gottes ununterbrochene Herrschaft besuchen könnten, daß alle Furcht und jegliches Gefühl persönlicher Verantwortlichkeit hinsichtlich der Beamtenwahl aus ihrem Bewußtsein entfernt wäre, dann würde die Wahl sofort einstimmig erfolgen, d. h. der göttliche Zweck würde so klar erkannt werden, daß er ohne Verzug zum Ausdruck käme. Der Wunsch, diesen höchst wünschenswerten Zustand herbeizuführen, sollte in dem Mitglied auch den Glauben erwecken, daß das Prinzip sein Denken leiten und dadurch die richtige Stimmenabgabe bewirken wird. Auf dem Wege zur vollkommenen Erkenntnis des Willens Gottes hinsichtlich einer Sache muß man lernen, das Gefühl persönlicher Bevorzugung, den persönlichen Sinn und den persönlichen Willen zu bezwingen, denn sind es nicht gerade diese Irrtümer des sterblichen Gemüts, die den Glauben an Gott so gut wie verneinen und der Kundwerdung des Prinzips und seiner harmonischen Herrschaft über unsre Kirchenangelegenheiten scheinbar entgegenwirken? Wird sich diese Herrschaft nach Beseitigung der Vorstellungen des persönlichen Sinnes nicht stärker bekunden?
Wer da Willens ist, menschliche Ansichten aufzugeben, wird zu der Erkenntnis gelangen, daß schon heute der Wunsch, daß der Wille Gottes in unsern Zweig-Kirchen geschehe, stark genug ist, um in unsern Geschäftsversammlungen und bei unsern Wahlen das herbeizuführen, was für die Kirche den Umständen gemäß das Richtigste ist. Ist das Vertrauen vorhanden, daß unsre Beamten im allgemeinen diejenigen sind, die deshalb gewählt wurden, weil jedes Mitglied seinem höchsten Verständnis von Gottes Leitung gemäß handelte, dann wird niemand suchen, die Lade der göttlichen Wissenschaft zu stützen, indem er die Beamten beobachtet, über sie klagt, mit Klagen zu ihnen kommt oder ihre Bemühungen herabsetzt.
In dem Maße wie jedes einzelne Mitglied die Beamten dem Prinzip anvertraut und die Angelegenheiten der Kirche der weisen Leitung des Prinzips überläßt, werden die Beamten für ihre ihnen von Gott anvertrauten Pflichten, deren richtige Erfüllung wahren sittlichen Mut fordert, die Führung des göttlichen Gemüts suchen können. Hierdurch wird es auch den übrigen Mitgliedern möglich, einzeln ihre Arbeit unbehindert zu tun, und das Ergebnis ist dann sicherlich ein wachsendes Gefühl liebevoller Schätzung der selbstlosen und oftmals großen Mut erfordernden Bemühungen der Beamten zur Förderung der Sache. Dann werden unsre Geschäftsversammlungen stark besucht sein, und zwar von solchen, die den persönlichen Sinn mit seinem Stolz auf eigne Ansichten und seinem Anspruch auf Macht in ihrem eignen Bewußtsein derart zurückgewiesen haben, daß das Vertrauen auf das Prinzip ihre feste Stütze bildet, und daß das göttliche Gesetz den Sieg davonträgt.
In dem Maße wie das Mitglied, das zu einem Amt erwählt worden ist, die göttliche Führung sucht, wird es sich zu diesem Amt so stellen, daß es stets den Willen des Prinzips sucht und das Prinzip jederzeit walten läßt. Auch wird ein solcher Beamter seine Ansichten gerne in Gottes Wagschale legen, im Vertrauen darauf, daß das Prinzip dem Geltung verschaffen wird, was unter den jeweiligen Umständen dem Rechten am nächsten kommt. Die Beamten, die sich aus diese Weise leiten lassen, werden unter den Mitgliedern Liebe zur Sache und zueinander finden—ein Gemeinschaftsgefühl, das durch Redefreiheit zum Ausdruck kommt, durch geduldiges Vertrauen auf die Leitung des Prinzips, durch Bereitwilligkeit, jegliche Kritik zu prüfen, gleichviel wie sie geübt werden mag. Dadurch empfangen sie einzeln wie gemeinschaftlich viele wertvolle Lehren.
Nun noch ein Wort über die Haltung der Mitglieder gegenüber den Lesern. Wenn wir bedenken, daß unsre geliebte Führerin im Kirchenhandbuch sagt, das Amt eines Lesers in der Kirche Christi, der Scientisten, sei ein heiliges Amt, so brauchen wir nicht darauf hingewiesen zu werden, daß die Mitglieder nicht zwischen Gott und Seine Diener (die Leser) treten dürfen, indem sie zu bestimmen suchen, wie das Lesen erfolgen, wie sich die Leser am Pulte verhalten sollen, und dergleichen unnützes Kritisieren mehr. Das Mitglied, das seine Zeit mit der persönlichen Beobachtung des Lesens und der Leser verbringt, schließt sich von dem Segen aus, den Gott für alle in jedem unsrer Gottesdienste bereithält. Wenn der Christliche Wissenschafter zur Kirche geht, um die Stimme der Wahrheit zu hören, wird ihm dadurch der Segen einer engeren Gemeinschaft mit Gott zuteil, und zugleich nimmt die Liebe zu feinem Bruder so zu, daß er in seinem Denken nichts anderm Raum gibt als der liebevollen Anerkennung des Wirkens derer, die selbstlos genug sind, um demütig vor der Welt als Herolde der Allheit Gottes zu stehen. Wir müssen alle um Wachstum in der Gnade bitten, um ein freundliches Wesen und brüderliche Liebe. Dann wird sich das Wort Gottes frei und ungehindert verbreiten, und wir werden sehen, wie sich alle Menschen zu dem Christus gezogen fühlen, den unsre Lektions-Predigten durch ihre wunderbaren Offenbarungen verherrlichen.
Noch ein Punkt darf nicht übersehen werden. Zur christlich-wissenschaftlichen Praxis gehört nicht, daß ein Christlicher Wissenschafter auf mentalem Wege oder mit Worten für sich selbst oder andre ein Verlangen nach einer besonderen Stellung in der christlich-wissenschaftlichen Arbeit vorausbestimmt. Ein solches Vorausbestimmen ist gewöhnlich das „ehrgeizige Streben nach Stellung und Macht,” von dem Mrs. Eddy auf Seite 4 von Miscellany sagt, es sei „der Fürst dieser Welt, der am Christus nichts findet,” und vor dem man sich daher nicht genug vorsehen kann. Wenn ein Mensch seine eigne mentale Arbeit tut, Ehrgeiz und Stolz austreibt und erkennen lernt, daß er die Bescheidenheit erlangen muß, die weiter nichts verlangt als in jeglicher von Gott gewiesenen Weise zu dienen, dann wird er von Gott beschützt und nimmt keine Stelle ein, die er später wieder niederlegen muß, weil er nicht früher erkannt hat, daß er sich vorderhand noch nicht für dieselbe eignet. Statt dessen wird er froh sein, in irgendeiner Eigenschaft zu dienen, für die ihn Gott vorbereitet hat, mag es nach Einschätzung der sterblichen Annahme in der niedrigsten oder höchsten Stelle sein, mag der Dienst dem sterblichen Gemüt nach angenehm oder unangenehm sein, denn er wird sich freuen, in die Fußtapfen des geliebten Meisters zu treten, der da kam, nicht, „daß er sich dienen lasse, sondern daß er diene und gebe sein Leben zu einer Erlösung für viele.”
Im göttlichen Gemüt ist die rechte Stellung in der Wahrheit und Liebe gegründet; dies bedeutet aber oft das gerade Gegenteil von weltlicher Stellung. Wer recht strebt, wird auf dem Weg wahrer Demut wandeln, in dem Bewußtsein, daß nur in dem Maße, wie Gott und Sein Christus erkannt und diese Erkenntnis werktätig bewiesen wird, Gutes in irgendwelcher Richtung vollbracht werden kann. Man sieht also, daß die Tätigkeiten einer Zweig-Kirche steten Gehorsam gegen die Regel fordert, deren Beobachtung uns die Christliche Wissenschaft auferlegt, nämlich das Aufgeben alles dessen, was dem Christus unähnlich ist. In dem Maße, wie jedes Mitglied sein Denken und Leben mit dieser Regel in Einklang bringt, wird es von der Geschäftsversammlung in unsern Kirchen heißen können wie vor alters von den Versammlungen der Jünger: „[Sie] waren ... alle einmütig beieinander” und „wurden alle voll des heiligen Geistes.”
