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Geläutertes Verlangen

Aus der November 1917-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Das Gebet ist der mentale Vorgang, durch den das menschliche Bewußtsein mit einer höheren Macht in Verbindung zu treten und Hilfe von ihr zu erlangen sucht. Der Hauptbeweggrund zum Gebet ist Verlangen, und die Art dieses Verlangens ist es, die den Charakter des Gebetes und die Antwort auf dasselbe bestimmt. Von großer Wichtigkeit ist daher nicht nur wie wir beten, sondern auch warum wir beten. Welcher Art ist das Verlangen, das uns zu beten veranlaßt? Was für Beweggründe treiben uns an? Um dies feststellen zu können, müssen wir stets wachsam sein, müssen wir beständig unser Herz prüfen und uns bestreben, zwischen geistigen und materiellen Beweggründen zu unterscheiden. So arglistig ist das fleischliche Gemüt, so beharrlich ist es in seinem Bestreben, uns zu täuschen, daß wir, wenn wir nicht wachsam sind, die Entdeckung machen, daß sich die Begierden des fleischlichen Gemüts, die materiellen Triebe in unser Bewußtsein eingeschlichen haben.

Reines, geistiges Verlangen ist somit der Same des wahren Gebetes, der Same, der genährt und gepflegt werden muß, bis er sich entfaltet und in Taten zum Ausdruck kommt. Der junge Schößling muß mit zarter Fürsorge begossen und sorgfältig bewacht werden. Man muß ihn vor den Dornen bewahren, wie Jesus „die Sorgen dieser Welt und den bezüglichen Reichtum und viele andre Lüste” nannte. Hier mag nun jemand fragen: „Wie verhält es sich aber mit unsrer täglichen Notdurft—Nahrung, Kleidung und Obdach—, mit all den Bedürfnissen, die sich so hartnäckig geltend machen. Darf man die in seinem Gebet nicht berücksichtigen?” Diese Dinge sind mit der menschlichen Erfahrung so eng verquickt, daß sie nicht ignoriert werden können, und die Antwort, die uns die Christliche Wissenschaft gibt, ist in jeder Hinsicht befriedigend.

Mrs. Eddy sagt hierüber auf Seite 307 von Miscellaneous Writings: „Gott gibt dir Seine geistigen Ideen, und diese wiederum geben dir deinen täglichen Bedarf.” Dieser Satz mag vielen als eine bloße Abstraktion vorkommen, ist aber nichtsdestoweniger beweisbar wahr und stimmt vollkommen mit Jesu Ausspruch überein: „Trachtet am ersten nach dem Reich Gottes und nach seiner Gerechtigkeit, so wird euch solches alles zufallen.” Unser dringendes Bedürfnis ist demnach das Erlangen geistiger Ideen; denn haben wir sie erlangt. so wird unsrer Notdurft sicherlich abgeholfen. Der Hauptbeweggrund alles Betens muß daher das Verlangen sein, immer mehr von den geistigen Ideen zu erlangen, die im wahren Sein inbegriffen sind.

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