Folgende Erfahrung hat mir sehr viel geholfen, und ich teile sie hiermit dem Arbeitsfelde mit, in der Hoffnung, anderen damit zu dienen. Da ich vor einer Reihe von Jahren von Deutschland herüberkam, mußte ich von Anfang des Krieges an meine Gedanken sehr bewachen, um so mehr, weil ich damals bei einer deutschen Familie wohnte. Zuerst schien das keine schwierige Aufgabe zu sein. Es fielen mir fortwährend Sätze aus Mrs. Eddys Schriften ein, die den Widerstreit in meinen Gedanken beschwichtigten. Ich hatte den Christian Science Monitor schon seit längerer Zeit gehalten und las ihn gerne; bald aber erkannte ich, daß diese Zeitung nicht die Stellung einnahm, die ich neutral nennen konnte. Die Erfahrung hatte mich jedoch gelehrt, nicht übereilt zu urteilen, und ich war den treuen Arbeitern an der Zentrale zu sehr zugetan, als daß ich sie hätte tadeln können, obschon ich gestehen muß, daß ich gewisse Artikel nur oberflächlich las, weil ich dachte, sie würden mich sonst konfus machen.
So ging es einige Monate weiter, genau gesagt bis unser Land den Krieg erklärte, als ich eines Abends den Monitor zur Hand nahm und auf der Seite für das Redaktionelle folgende Worte Mrs. Eddys las (Poems, S. 11):
Tapferes Britannien, gesegnetes Amerika,
Verbindet euren Schlachtenplan.
Für den Augenblick schien ich wie betäubt. Mein erster Gedanke war: Muß ich den Monitor aufgeben, um mir den Seelenfrieden zu wahren? Unsere Führerin sagt uns jedoch: „Der Monitor will niemandem schaden, sondern die ganze Menschheit segnen“ (Miscellany, S. 353). Ich erkannte, daß mit meinem Denken etwas nicht in Ordnung war, und indem ich so dastand, ich weiß nicht wie lange, kämpfte ich meinen Freiheitskampf. Ein regelrechtes Kreuzfeuer war im Gange, und nach und nach erhielt ich Klarheit. Warum, so fragte ich mich, war ich in dieses Land gekommen? Offenbar weil ich Verlangen nach etwas hatte, was mir die alte Welt nicht bot, wie ich seitdem eingesehen habe. Ich kam aus eigenem Antrieb, ich fand das, wonach mich verlangt hatte — eine Heimat und Freunde; ich erfreute mich des Schutzes unserer Regierung. Ich liebte dieses Land, und während meiner öfteren Besuche im alten Vaterlande verspürte ich nie das Verlangen, dort zu bleiben. Hatte ich doch in der neuen Welt meinen Gott, meine wahre Heimat gefunden! Ich trat den heranrückenden Gedanken entgegen, die behaupteten, mich beherrschen zu können, weil ich eine Deutsche war. Dann kam mir der Abschnitt „Pflichttreue“ im Kirchenhandbuch (Art. VIII, Abschn. 6) zur Hilfe; er erinnerte mich daran, daß ich vor allem Gott verpflichtet war. Dieser Gedanke verscheuchte den Mesmerismus, und meine Denktätigkeit unterwarf sich dem göttlichen Einfluß.
Sofort wurden all die gestörten Sinne mit Licht durchflutet. Ich erkannte, daß es die göttliche Liebe war, die mich in dieses Land führte, denn hier stand es mir frei, der Führung des Prinzips zu folgen, und hier konnte ich der Mutter, die ich zurückgelassen hatte, in höherem Maße behilflich sein als drüben. Sodann erkannte ich meine Pflicht gegen unsere Führerin und gegen die ganze Menschheit. Der Monitor hat den Zweck unserer geliebten Führerin getreulich im Auge behalten. Er hat durch seine Artikel denen, die für die Wahrheit empfänglich sind, Aufklärung gebracht. Er hat ihnen den Weg gezeigt und sie gelehrt, das Richtige von dem Unrichtigen zu unterscheiden. Jetzt war der Sieg errungen. Das wahre geistige Ideal, die Notwendigkeit, für das Recht einzutreten, koste es was es wolle, was mir geoffenbart worden. Ich erkannte mich als das Kind Gottes, als den Gegenstand Seiner zärtlichen Fürsorge.
Die Woche darauf begann die Lektions-Predigt mit einer Stelle aus dem vierten Buch Mose, wo Moses die Kinder Israel fragt: „Eure Brüder sollen in den Streit ziehen, und ihr wollt hie bleiben?“ Diese Worte waren die Antwort auf meine Frage, ob es recht sei, daß die Vereinigten Staaten an dem Krieg teilnehmen. Als ich so meine eigene Gemütsruhe erlangt hatte, dachte ich darüber nach, wie ich anderen in dieser Richtung behilflich sein könnte; denn durch unkluge Äußerungen seitens gewisser Personen war in unserem Ort ein Gefühl der Störung hervorgerufen worden. Dann kam mir der Gedanke, meine Erfahrungen in der Mittwochabend-Versammlung zu erzählen, was ich dann auch tat; und ich wurde reichlich belohnt. Im Markus-Evangelium lesen wir, wie die Jünger zu Jesus kamen und zu ihm sagten: „Siehe, deine Mutter und deine Brüder draußen fragen nach dir. Und er antwortete ihnen und sprach: Wer ist meine Mutter und meine Brüder? Und er sah rings um sich auf die Jünger, die um ihn im Kreise saßen, und sprach: Siehe, das ist meine Mutter und meine Brüder! Denn wer Gottes Willen tut, der ist mein Bruder und meine Schwester und meine Mutter.“ Als ich rings um mich auf unsere kleine Versammlung sah, auf diejenigen, die von der göttlichen Liebe mit stärkeren Banden als denen der Verwandtschaft verbunden waren, überkam mich das Gefühl des Friedens, welcher höher ist denn alle Vernunft. Seitdem ist der Christian Science Monitor mein Monitor geworden, wenn er auch nicht mir allein gehört. Er ist mir in höherem Grade willkommen und ich schätze ihn mehr als je. Er beweist mir, daß wir nur das demonstrieren können, was wir erkannt haben.
