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Volle Genüge

Aus der Oktober 1918-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Es gibt wohl Menschen, die da denken, daß Paulus, wenn er im Jahre 1918 gelebt hätte, nicht so zuversichtlich an uns geschrieben haben würde, daß wir „in allen Dingen volle Genüge“ haben sollten. Nach menschlicher Auffassung scheinen augenblicklich infolge der außergewöhnlichen Lage der Dinge nicht nur die allgemeinen Bequemlichkeiten und Annehmlichkeiten des Lebens unzureichend vorhanden zu sein, sondern es sieht aus, als ob sich selbst das, was man bisher für unbedingt notwendig gehalten hat, in bedenklicher Weise dem Verschwindepunkte näherte. Trotzdem können wir nach allem, was wir von diesem unerschrockenen christlichen Kämpfer wissen, kaum annehmen, daß er seine Aussage im geringsten geändert haben würde, wenn er heute auf Erden wäre. Schrieb er doch jenen wundervollen Brief an die Kirche zu Korinth, nachdem er Schiffbruch, Gefangenschaft, Hunger, Durst, Kälte und Mangel an Kleidung erduldet und dadurch bewiesen hatte, daß die Mittel, auf die er hinwies und die ihn während alles Ungemachs aufrechterhalten hatten, in dem geistigen Überfluß richtiger Ideen bestanden, die das wahre Sein des Menschen ausmachen.

Das Schlimme ist nur, daß heute wie zu Paulus Zeiten eine gegen geistige Wahrheiten völlig apathische Welt darauf besteht, den Menschen fälschlicherweise ein materielles Wesen zu nennen, das materielle Bedürfnisse hat, die nur von der Materie befriedigt werden können. Aus dieser falschen Voraussetzung geht logischerweise hervor, daß des Menschen Vorrat erschöpft sein muß, sobald die materiellen Hilfsquellen versagen; und das ist es ganz genau, was die Welt heutzutage annimmt. Man hört von allen Seiten so viel über diesen Gegenstand reden, daß selbst die Schüler der Christlichen Wissenschaft bisweilen Gefahr laufen, von dieser drückenden mentalen Atmosphäre beeinflußt zu werden, diese falsche Schlußfolgerung zu glauben und die schlimmen Folgen zu erdulden. Der Mensch ist rein geistig und wird infolgedessen nur von dem Geist und nicht von der Materie erhalten.

Hier mag nun jemand die Frage stellen: „Wie kann man aber diese Lehre praktisch auf unser gegenwärtiges Problem anwenden? Wenn z.B. mein Kohlenvorrat nahezu erschöpft ist, kann mir dann die Erkenntnis von des Menschen wahrer Identität als Kind Gottes Kohlen in den Keller schaffen?“ Sicherlich kann das geschehen, ja es ist schon häufig geschehen, kraft der Wirkung desselben Gesetzes, das Jesus verstand und sich vor zweitausend Jahren nutzbar machte. Bei jener Gelegenheit fehlte es an Nahrung statt an Feuerung. Aber es handelte sich hier um dieselbe alte Suggestion, die Annahme, daß Mangel bestehe. Der materielle Sinn sah nur fünf Brote und zwei kleine Fische, mit denen die Menge gespeist werden sollte; und solange der materielle Sinn an einen materiellen Menschen glaubte, der materielle Bedürfnisse hat und von materiellen Hilfsmitteln abhängig ist, schien die Lage in der Tat hoffnungslos zu sein. Aber es war einer zugegen, der eine höhere Erkenntnis besaß. In Jesu Christi Gegenwart konnte sich kein falsches Argument lange halten. Er wußte, daß der Mensch die Wiederspiegelung des Geistes ist und nur von jenen geistigen Ideen versorgt und erhalten wird, die sozusagen seinen „Bedarf“ ausmachen. Können diese Ideen je versagen, oder abhanden kommen? Niemand, der auch nur im geringsten die göttliche Metaphysik versteht, kann sich wundern, daß die Jünger, nachdem die Menge gegessen hatte, aufhoben „was übrigblieb von Brocken, zwölf Körbe voll.“ Wenn wir an dieses Ereignis glauben, das von allen vier Evangelisten berichtet wird, wie können wir dann zweifeln, daß die Anwendung derselben Erkenntnis, welche „fünf tausend Mann, ohne Weiber und Kinder“ vor zwanzig Jahrhunderten speiste, uns auch gegenwärtig Wärme und Labsal geben kann?

Gottes Gesetz wird nicht durch den Wandel der Jahrhunderte aufgehoben Ist es denkbar, daß die gewisse, die herrliche Wirkung dieses Gesetzes irgendwie davon beeinflußt wird, ob der Mensch sein Bedürfnis das eine Mal Kohlen, das andere Mal aber Brote und Fische nennt? Tatsächlich weiß Gott, Geist, nichts von der Materie. Das, was das sterbliche Gemüt je nach den Umständen Kohlen oder Fische oder Brote nennt, ist nur ein besonderer Name für die bestimmte Art der Materie, die es gerade nötig zu haben glaubt. Diese Materie nennt es dann sein Hilfsmittel, und von dem hinreichenden Vorrat dieser Dinge hängt seine Vorstellung von Versorgung ab.

Was sagt aber die Christliche Wissenschaft hierzu? Mrs. Eddy gibt uns auf Seite 307 ihres Werkes „Miscellaneous Writings“ Aufschluß über das Wesen wahrer Hilfsmittel. Sie sagt an dieser Stelle: „Gott gibt dir Seine geistigen Ideen, und diese wiederum geben dir deinen täglichen Bedarf.“ Aber wie? Sie rufen in dem menschlichen Bewußtsein die Erkenntnis wach, daß der Mensch, der zum Bilde Gottes geschaffen wurde, durch Wiederspiegelung die nötige Intelligenz besitzt, um zu erkennen, wohin er gehen, was er tun, wohin er sich wenden oder was er sagen soll, damit er das erhalte, was er gerade für den Augenblick braucht. Mit anderen Worten, die geistigen Ideen rüsten ihn mit Mut, Vertrauen, Findigkeit, Einsicht, Initiative, Intuition und Urteilskraft aus, und diese Eigenschaften wiederum verschaffen ihm dann seinen täglichen Bedarf.

Es gab z.B. eine Zeit, in der die Menschen wegen des künstlichen Lichtes größtenteils auf Walfischtran oder Talglichter angewiesen waren. Jene Generation glaubte natürlich, diese Art Licht sei von dem vorhandenen Vorrat an Öl oder Talg abhängig. Wer damals nur die geringste Andeutung gemacht hätte, daß der Vorrat dieser Gegenstände eines Tages unzureichend sein würde, um die Bedürfnisse einiger Millionen Menschen zu befriedigen, wäre gewiß als Lärmbläser und Unglücksbote gemieden worden. Nach einiger Zeit aber, als die Ansprüche der Menschen größer wurden, entdeckte man, daß man aus Kohlen Gas gewinnen und zur Deckung des Bedarfs mittels Röhren in die Städte leiten könnte. Noch eine andere Entdeckung, die schon im Buche Hiob angedeutet wurde, erwies sich von großem Nutzen. Hiob spricht nämlich von „Felsen,“ welche „Ölbäche gossen.“ Heutzutage ist dieses Öl allgemein unter dem Namen Kohlenöl oder Petroleum bekannt.

Aus alledem kann man ersehen, wie der Vorrat an sogenannten Beleuchtungsmitteln nicht kleiner geworden ist, sondern sich im Gegenteil ungeheuer vermehrt hat. Bald aber prophezeite das sterbliche Gemüt, daß es in absehbarer Zeit keine Kohlen und kein Öl mehr geben werde. Aber diese Furcht war zum Glück unbegründet, denn die Elektrizität verdrängte das Gas und die anderen Beleuchtungsmittel, auf die sich die Menschen bis dahin verlassen hatten. Was auf das elektrische Licht folgen wird, kann bis jetzt niemand sagen; aber bisher hat noch jeder Wechsel einen Fortschritt bedeutet. Trotz diesen Veränderungen in der menschlichen Vorstellung bleibt die Wahrheit ewig bestehen, „daß Gott Licht ist und in ihm ist keine Finsternis.“ Johannes hatte einen Lichtblick von dieser Wahrheit erlangt, als er in seiner herrlichen Offenbarung der himmlischen Wirklichkeit, der heiligen Stadt, die prophetischen Worte schrieb: „Und sie werden nicht bedürfen eine Leuchte oder des Lichts der Sonne, denn Gott der Herr wird sie erleuchten.“

Dies zeigt uns, daß volle Genüge keineswegs einen bestimmten Vorrat an gewissen Dingen bedeutet, sondern ein Ausdruck von Intelligenz ist. Als Christliche Wissenschafter müssen wir uns von den betäubenden Vorstellungen befreien, mit denen uns das sterbliche Gemht wie mit giftigen Gasen ersticken möchte. Wir müssen diese beständigen Einflüsterungen von Unzulänglichkeit und Mangel von uns weisen. Wenn etwas, was wir immer besaßen, zu Ende geht, so bedeutet das nur, daß schon etwas Besseres dafür bereit steht. Drum frisch ans Werk! Hätte Hagar nicht so viel Zeit in der Wüste mit Klagen und Weinen verloren, weil sie glaubte, sie und ihr Kind müßten verdursten, würde sie schon viel eher den Wasserbrunnen gefunden haben. Für uns alle gibt es jederzeit einen Wasserbrunnen, denn der Vater wird uns nciht Waisen lassen. Mrs. Eddy schreibt auf Seite 260 in Wissenschaft und Gesundheit: „Die Wissenschaft enthüllt die Möglichkeit, alles Gute zu vollbringen, und heißt die Sterblichen das entdecken, was Gott schon getan hat.“ Alles, was wir brauchen, ist bereits vorhanden, ist stets vorhanden gewesen und wird stets vorhanden sein. Gehen wir daher ohne Aufschub daran, es zu finden.

Das was man als „Erfindung“ bezeichnet, ist ja doch nur eine Entdeckung dessen, was stets vorhanden war und geduldig unserer harrt. Ist der gegenwärtige Weltkampf erst vorüber, so werden wir erkennen, wie vieles in bezug auf Ersatzmittel auf dem Gebiete der Erfindung und Entdeckung geleistet worden ist, so daß wir gar nicht mehr das Verlangen haben werden, zu unseren veralteten und überlebten Gewohnheiten zurückzukehren. Wer wollte heute sein elektrisches Licht aufgeben und wieder zur Kerze zurückkehren? Sollten wir angesichts dieser Dinge nicht wachen und beten, damit wir hinsichtlich unserer täglichen Versorgung nicht verkehrt bitten? Vielleicht ist nur unser Vertrauen auf Gott erschöpft. Wir dürfen uns nicht auf die Aussage unserer Sinne verlassen. In dieser ernsten Stunde, in der wir uns in unserer Not an den weisen Allvater wenden, „der uns reichlich dargibt, allerlei zu genießen,“ müssen wir vor allen Dingen feststellen, ob nicht etwa ein leerer Kohlenverschlag oder ein leeres Mehlfaß am mentalen Horizonte auftaucht. Es sollte uns mehr beunruhigen, wenn wir andere Güter schwinden sehen, wie z. B. Glauben, Geduld, Nächstenliebe, Vergebung, Mut, Ausdauer, Selbstlosigkeit und jenen Seherblick, der durch gegenwärtiges Unrecht hindurch das ewig Wahre sieht.

Laßt uns darauf bedacht sein, in unserer mentalen Heimstätte eine genügende Menge jener geistigen Vorräte zu haben. In einem Bewußtsein, in dem diese stets zu finden sind, kann sich nicht lange ein Gefühl der Armut halten, ob es sich um einen leeren Kohlenverschlag, ein leeres Mehlfaß oder ein liebearmes Herz handele. Die Suggestion von Mangel findet da keine Eingangstür, keinen Raum, den sie ausfüllen könnte, keinen Gedanken, der ihr willfährig wäre, keinen Mund, der ihr das Wort redete, niemand, der ihr zuhören möchte. Sie tritt mit der Aufforderung an uns heran, sie ins Dasein zu rufen. Weigern wir uns aber, ihr irgendwelche Lebensfähigkeit oder Substanz zuzuschreiben, dann bleibt ihr nichts übrig als in das Reich des Nichts, aus dem sie kam, zu verschwinden. Wie können wir nur diesen lügnerischen Argumenten Gehör schenken, wo wir doch heute noch die freundliche Stimme der Wahrheit vernehmen können, die in den Worten jenes Vaters im Gleichnis zu uns sagt: „Sohn, du bist allezeit bei mir und alles, was mein ist, das ist dein.“

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