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Die Christliche Wissenschaft und die Weissagungen

Aus der Oktober 1918-Ausgabe des Herolds der Christlichen Wissenschaft


Die Wichtigkeit des prophetischen Wortes ist aus dem Umstand zu ersehen, daß es etwa ein Viertel der ganzen Heiligen Schrift einnimmt und daß der Meister in seiner Lehrtätigkeit und Wirksamkeit so bestimmt auf dessen Erfüllung hinwies. Wir sind im allgemeinen gewohnt, uns die Weissagungen als die ferne Vergangenheit oder die ferne Zukunft betreffend zu denken, so daß wir in diesem Zusammenhang vielleicht nicht in vollem Maße erkennen, daß unsere eigene Zeit für uns das einzige Bindeglied ist zwischen der Vergangenheit und der Zukunft und daher die wichtigste Periode, die es jetzt gibt.

Jesus rügte die geistige Stumpfheit, die wohl „über des Himmels Gestalt,“ aber nicht „über die Zeichen dieser Zeit“ urteilen konnte. Stehen aber die Christlichen Wissenschafter nicht in Gefahr, ebenfalls so in den Dingen ihrer nächsten Umgebung aufzugehen, daß sie die größeren Probleme der menschlichen Bestimmung aus den Augen verlieren? Wir müssen dann und wann von dem Kreislauf kleinlicher materieller Sorgen aufschauen, denn sonst erlangen wir nicht den herrlichen Ausblick auf unsere Bewegung, wie sie sich in der Richtung des für den prophetischen Blick am mentalen Horizont sichtbar werdenden neuen Himmels und der neuen Erde erstreckt.

Welchen Wert das Wort der Propheten für das religiöse und politische Leben des alten Israels gehabt hätte, wenn deren Ratschläge und Warnungen beachtet worden wären, ist deutlich aus dem Alten Testament zu ersehen, welches für das religiöse und politische Leben der heutigen Welt immer noch hohen Wert hat. Jene geistigen Seher verkündeten den Menschen unserer Zeit, den Menschen der „letzten Tage,“ eine wunderbare Botschaft. Die Bedeutung dieser Botschaft wird in deutlicher Sprache in die heutige Geschichte eingetragen. Diejenigen, die die tiefere Bedeutung dessen, was sich gegenwärtig ereignet, erfaßt haben, erkennen die Wichtigkeit folgender Worte Jesu für unsere Tage: „Wenn aber dieses anfänget zu geschehen, so sehet auf und erhebt eure Häupter, darum daß sich eure Erlösung nahet.“

Von besonderem Interesse für die Jetztzeit ist eine alte hebräische Überlieferung, nach welcher die Geschichte der Menschheit der im ersten Buch Möse beschriebenen Schöpfungs-Woche entspricht und mit der Sabbatperiode des sogenannten Millenniums als siebentem Tage zum Abschluß kommen wird. Nach der biblischen Zeitrechnung hat die Welt das Ende des sechsten Tages oder der sechstausend Jahre seit Adam nahezu erreicht, und somit läßt sowohl die Überlieferung wie das prophetische Wort ersehen, daß wir direkt vor dem längst verheißenen „Tag“ stehen, an welchem das Reich Christi auf Erden aufgerichtet und der uralte Despotismus des Bösen durch die Herrschaft des göttlichen Prinzips verdrängt werden wird.

Das Kommen des Messias bildete naturgemäß das große Ereignis, dem die Israeliten entgegensahen; aber ihre Erwartung war fast gänzlich auf das Verlangen nach einem persönlichen König herabgesunken, der ihr zeitliches Königreich wiederaufrichten würde, statt daß sie auf die Entfaltung der göttlichen Natur im Menschen gewartet hätten. Sie hatten noch nicht einsehen gelernt, daß Herrschaft über die Erde durch geistige Erkenntnis kommen muß, weshalb sie auch den Christus nicht erkannten, welchen Jesus durch seine Lehren und Demonstrationen kundtat. Und weil sich die Menschen auch heute noch auf den persönlichen Sinn statt auf das Prinzip verlassen, können sie den Christus, die Wahrheit, in ihrer Mitte nicht sehen.

Die Idee von einem zukünftigen Befreier, welche einen Teil des hebräischen Bewußtseins bildete, entsprang der im ersten Buch Mose aufgezeichneten ersten Verheißung, daß der Same des Weibes der Schlange den Kopf zertreten werde. Dieser inspirierte Ausspruch, der die Hoffnung einer Nation weckte und wach erhielt, bildete das Wesen aller späteren Verheißungen. Tatsächlich umfaßte er alle Verheißungen, indem seine Erfüllung die endliche Vernichtung des Bösen herbeiführen sollte. Die von den späteren Propheten vorausgesagten Ereignisse waren im allgemeinen bloß Zwischenfälle auf dem Wege des menschlichen Fortschritts zur endlichen Erfüllung jener Verheißung im Paradiese.

Die hebräische Allegorie von der Versuchung im Garten Eden dient zur Veranschaulichung der Art und Weise, wie die Vorstellung vom Bösen im menschlichen Bewußtsein Einlaß fand; aber es geht nicht aus ihr hervor, daß die Personen, die in dieser Geschichte genannt werden, die ersten Sterblichen waren. Vom Standpunkte der materiellen Annahme aus ist bewiesen worden, daß lange vor Adam und Eva menschliche Wesen auf Erden gelebt haben. Im Leben dieses Paares muß jedoch etwas vorgekommen sein, was sich dem menschlichen Bewußtsein so tief einprägte, daß es als der Ausgangspunkt der Geschichte der Menschheit bezeichnet wurde. Und dieses Etwas war ohne Zweifel die Erkenntnis des Weibes, daß das Böse bloß eine falsche Annahme, die Lüge der selbstbewußten Materie ist, wie aus dem Gefühl der Scham, das nachfolgte, hervorgeht. Ihre Einsicht, daß die Körperlichkeit bloß einen falschen Begriff vom Sein darstellt, öffnete ihnen die Augen und ließ sie die Nachtheit dieser Körperlichkeit erkennen. Es ist dies der erste aufgezeichnete Versuch, das Böse richtig zu klassifizieren.

Das Eingeständnis der Eva: „Die Schlange betrog mich,“ läßt ersehen, daß die Art des Bösen, dem sie zum Opfer fiel, nichts anderes war als mentale Suggestion, und diese Entdeckung war an und für sich eine Verheißung der Entlarvung des Bösen und dessen Entfernung aus dem Bewußtsein. Hier bietet sich uns die bedeutungsvolle Tatsache, daß die menschliche Befreiung von dem Irrtum des materiellen Sinnes beim Weib ihren Anfang nahm; und der Same oder das Ergebnis dieser Entdeckung sollte mit der Zeit den Weg für das Kommen des Christus, der geistigen Idee, eröffnen. Wie Mrs Eddy in Wissenschaft und Gesundheit erklärt (SS. 533 u. 534), hatte Eva „bereits gelernt, daß der körperliche Sinn die Schlange ist.“ Und im weiteren lesen wir: „Dies befähigte späterhin das Weib, die Mutter Jesu zu werden und den auferstandenen Heiland am Grabe zu erblicken, der bald darauf den todlosen, von Gott geschaffenen Menschen offenbaren sollte. Dies befähigte das Weib, als erste die Bibel ihrem wahren Sinn nach auszulegen, der den geistigen Ursprung des Menschen enthüllt.“

So weisen also die Prophezeiungen der Heiligen Schrift von Anfang an auf eine endgültige Erfüllung hin, nämlich auf das Kommen der Christlicher! Wissenschaft, das volle Erscheinen der Wahrheit im menschlichen Bewußtsein. Ein sorgfältiges Studium der Bibel läßt uns durchweg eine einheitliche Absicht erkennen, nämlich der Welt Gottes Selbstoffenbarung zu verkündigen, und der alleinige Zweck dieser göttlichen Offenbarung ist der, die Menschheit von ihrer Vorstellung vom Bösen zu befreien. So sehen wir also, wie die Verfasser der heiligen Schriften fortwährend auf etwas hinwiesen, was noch kommen sollte, und dieses Etwas war offenbar nicht das Erscheinen einer Person, sondern vielmehr das Kommen dessen, was dazu bestimmt war, dem menschlichen Bewußtsein die Wahrheit über alle Dinge zu enthüllen.

Als die Zeit erfüllet war, bot sich der verheißene Retter dem menschlichen Auge als das Jesuskind, als ein vom Weibe Geborener. Obgleich sich Maria zur Erkenntnis der Vaterschaft Gottes erhoben hatte, so war sie doch noch nicht über die Vorstellung von menschlicher Mutterschaft emporgestiegen, als sie ihr Ideal zur Welt brachte; daher erschien der Christus den Sterblichen zuerst als ein Mann. Jesus jedoch sah sein Erscheinen im Fleisch nicht als die eigentliche Erfüllung der Verheißungen an, sondern er verkündigte den „Geist der Wahrheit,“ der nach ihm kommen sollte. Offenbar wies er auf die Zeit hin, da die Wahrheit des Seins sich dem menschlichen Verständnis erschließen sollte — da man den Christus durch Demonstration als gegenwärtig erkennen und nicht mehr als eine abwesende Persönlichkeit ansehen würde. Diese Erkenntnis der Wahrheit, diese göttliche Wissenschaft sollte der „Tröster“ sein, der wahre Messias oder Erlöser, denn sie sollte die Menschheit „in alle Wahrheit“ leiten und sie dadurch von allem Irrtum erlösen.

Die vollkommene Erfüllung der Verheißungen muß man somit in eine Zeit nach dem Beginn der christlichen Ära verlegen. Allerdings brachte Jesus der Menschheit den Christus, die Wahrheit, und er gab in seiner Tätigkeit unwiderlegbare Beweise von der Richtigkeit seiner Lehren; aber das Verständnis für diese Lehren und die wahre Bedeutung seines Lebenswerkes verschwand allmählich aus dem Denken und Wirken der Christen. Deshalb mußte die Wahrheit notwendigerweise wiedererscheinen und in dem Verständnis der Menschen bleiben, wofern die Verheißungen hinsichtlich des Reichs Christi auf Erden in Erfüllung gehen sollen.

Die von Jesaja geschilderte Zeit, da „die Wölfe werden bei den Lämmern wohnen und die Pardel bei den Böcken liegen,“ ist noch nicht gekommen, d. h. die Zeit, wo das menschliche Bewußtsein von der Tiernatur samt ihren Leidenschaften gereinigt sein wird. Erst wenn dies stattgefunden hat, wird die Herrschaft des geistigen Sinnes allgemein anerkannt werden. Die von den Propheten so wunderbar beschriebene Rückkehr der Kinder Israel aus der Gefangenschaft, wann diejenigen, die zerstreut waren, mit dem Hause Juda als ein Volk vereinigt werden sollten — dies dies ist bis jetzt eine unerfüllte Verheißung gewesen. Deshalb sieht das hebräische Volk sehnsuchtsvoll dem Tag entgegen, an welchem der, dem die Krone gehört, über die Völker herrschen wird, denn dann werden diese Dinge in Erfüllung gehen.

Die Christlichen Wissenschafter, die die Zeichen der Zeit deuten können, wissen, daß das endgültige Kommen der Wahrheit oder des Christus, mit der Entdeckung der Christlichen Wissenschaft ihren Anfang nahm, und daß die Christliche Wissenschaft weiter wirken muß, bis jeder Irrtum vernichtet und alles in Erfüllung gegangen ist, was noch erfüllt werden muß. Erwähnenswert ist noch, daß die Jahre 1866 und 1875 von einigen Auslegern der Propheten als die Zeitpunkte angegeben werden, wo die Wiederkunft Christi stattfinden sollte, und daß in diesen Jahren Mrs. Eddys Entdeckung der Christlichen Wissenschaft resp. die Veröffentlichung ihres Lehrbuchs „Science and Health with Key to the Scriptures“ stattfand.

Der „Same“ des Weibes ist ohne Zweifel die geistige Idee in der Christlichen Wissenschaft, und diese Idee kam zuerst durch Marias geistigen Begriff vom Leben, wie es der Mensch Christus Jesus kundtat, deutlich zum Ausdruck. Die Maria, die in unserem Zeitalter die geistige Idee gebar und sie dem menschlichen Verständnis klar machte, hatte erkannt, daß Gott nicht nur Vater, sondern auch Mutter ist, weshalb die göttliche Idee, die die Sterblichen vermöge der reinen Erkenntnis dieser Maria erreichte, ohne körperliche Form erschien und Christliche Wissenschaft genannt wurde. Somit war also das zweite Kommen Christi buchstäblich „ohne Sünde,“ d.h. nicht von sterblicher Geburt begleitet. Dieser rein geistige Begriff vom Ursprung des Menschen und nichts anderes zertritt der Schlange den Kopf. Mit anderen Worten, die Christliche Wissenschaft verwirft sowohl die Vorstellung von menschlicher Geburt wie vom Tod, und ihre vollkommene Demonstration wird zuletzt den tierischen Magnetismus vernichten, welcher in der Heiligen Schrift zuerst als eine Schlange und zuletzt als der „große, rote Drache“ auftritt: und zugleich wird der Mesmerismus der Vorstellung, daß das Leben etwas von Gott Getrenntes ist, verschwinden.

Sowohl die erste wie die letzte Prophezeiung der Bibel findet somit ihre Erfüllung in der Christlichen Wissenschaft, denn keine größere Offenbarung als die göttliche Wirklichkeit der Dinge kann den Menschen zuteil werden. Der Bogen der göttlichen Verheißung überspannt den menschlichen Erfahrungskreis von der ersten Erkenntnis des Wesens des Irrtums bis zu der Zeit, wo die nackte Nichtsheit des Irrtums völlig erkannt wird. „Das Weib,“ wie es zuerst im Garten Eden, dann durch die jungfräuliche Mutter und zuletzt durch die Entdeckerin der Christlichen Wissenschaft dargestellt wurde, steht an dem höchsten Punkte der geistigen Entdeckung in den verschiedenen Zeitaltern. Am dritten und höchsten Punkte entrinnt das Weib den drückenden, grausamen Vorstellungen und nimmt ihren Platz neben dem Manne ein als ihm in jeder Hinsicht ebenbürtig; und schon allein in dieser Reform, die mehr geistig ist als im allgemeinen zugegeben wird, liegt das Todesurteil über alle Übel, die die Erde verwüstet haben.

In Wissenschaft und Gesundheit (S. 223) sagt Mrs. Eddy von den „Herolden der Wissenschaft“: „Wunderdinge, Unheil und Sünde werden sich in noch reichlicherem Maße zeigen, wenn die Wahrheit den Sterblichen ihre Ansprüche aufdrängt, denen diese widerstanden haben; aber die furchtbare Verwegenheit der Sünde zerstört die Sünde und kündet den Triumph der Wahrheit an. Gott wird, die Krone‘ ... zunichte machen, bis der komme, der sie haben soll.“ Und solcher Art sind die heutigen Geschehnisse. Der sogenannte fleischliche Sinn hat sich gegen die geistige Idee stets feindselig gezeigt, aber Johannes sah, wie dieser fleischliche Sinn in den Abgrund der Selbstvernichtung geworfen wurde. Die Wahrheit, daß das Gute die einzige Macht ist, bildet den Lagerstein, auf welchem die Dinge, die da Ärgernis geben, eben jetzt zu nichts zermahlen werden.

Origenes betrachtete das Millennium als eine Periode der allmählichen Erleuchtung und nicht als einen plötzlichen Übergang vom Bösen zum Guten, und diese Ansicht stimmt mit Mrs. Eddys folgendem Ausspruch in „The First Church of Christ, Scientist, and Miscellany“ überein (S. 239): „Das Millennium ist ein Zustand und Stadium des mentalen Fortschritts, wie er von Anbeginn der Zeit vor sich geht. Sein Wachstum, das durch das Erscheinen der Christlichen Wissenschaft beschleunigt wurde, ist sehr auffallend und wird zunehmen, bis alle Menschen, klein und groß, Ihn (die göttliche Liebe) kennen lernen und ein Gott und die Bründerschaft der Menschen auf der ganzen Erde erkannt und anerkannt wird.“

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